Mindestanforderungen an die Netzzustandsermittlung
Der VDE FNN Hinweis „Standardisiertes Vorgehen für die Durchführung der Netzzustandsermittlung auf Basis von Echtzeit-Messwerten in der Niederspannung zur Einhaltung von Mindestanforderungen an deren Sensitivität und Spezifität“ beschreibt ein praxisnahes Vorgehen zur Umsetzung einer Netzzustandsermittlung. Damit wird die Empfehlung von VDE FNN zu Tenorziffer 2e veröffentlicht. Die Netzzustandsermittlung stellt durch die Möglichkeit der objektiven Bewertung eines Netzzustandes die Grundlage für Handlungen des Verteilnetzbetreibers dar. Somit ist die Durchführung von Netzzustandsermittlungen ebenfalls als wichtiges entscheidendes Kriterium für die Akzeptanz von Betreibern von SteuVE und EMS zu sehen. Die Empfehlung definiert hinreichende Bewertungskriterien und Mindestanforderungen für die Validierung einer Netzzustandsermittlung. Der Fokus liegt auf der zuverlässigen Erkennung von Netzengpässen und der praxisorientierten Umsetzung einer Netzzustandsermittlung im Sinne von Paragraf 14a EnWG. Mit der vorliegenden Empfehlung werden die initial vorgegebenen Sensorausstattungsgrade aus der BNetzA-Festlegung ersetzt.
Grundlage der Empfehlung ist eine vom VDE FNN an die Consentec GmbH und Bergische Universität Wuppertal vergebene Begleitstudie. In dieser Studie wurden unter anderem eine Meta-Analyse zum Stand der Technik sowie Simulationen durchgeführt, um notwendige Sensorausstattungsgrade für eine zuverlässige Erkennung von Netzengpässen zu ermitteln.
Im Rahmen der Erarbeitung der Studie wurde im Juni 2024 ein VDE FNN Impuls „Prämissen und erste Erkenntnisse zum standardisierten Vorgehen für die Durchführung von Netzzustandsermittlungen auf Basis von Echtzeit-Messwerten in der Niederspannung“ veröffentlicht und zur Kommentierung gestellt. Das erhaltene Feedback hat VDE FNN bei der weiteren Erarbeitung dieser Empfehlung berücksichtigt.
Berechnung der Mindestleistung
Der VDE FNN Hinweis „Berechnung des mindestens zu gewährenden netzwirksamen Leistungsbezugs (Mindestleistung)“ gibt die Empfehlung von VDE FNN zu Tenorziffer 2f wieder. Gemäß der BNetzA-Festlegung müssen SteuVE und EMS im Falle einer kritischen Auslastungssituation des vorgelagerten Niederspannungsnetzes ihren netzwirksamen Leistungsbezug entsprechend der Vorgaben des Verteilnetzbetreibers reduzieren. Allerdings hat der Betreiber von SteuVE oder EMS auch während einer Steuerungsmaßnahme Anspruch auf einen mindestens zu gewährenden netzwirksamen Leistungsbezug, der so genannten Mindestleistung. Das bedeutet, dass keine SteuVE und kein EMS durch den Steuerbefehl des Verteilnetzbetreibers auf null reduziert werden darf. In der BNetzA-Festlegung wird initial die Mindestleistung für die Direktsteuerung und eine Berechnung der Mindestleistung für die Steuerung über Energie-Management-Systeme vorgegeben.
Im Rahmen der Erarbeitung der Empfehlung zur Tenorziffer 2f wurden die bisherigen Vorgaben aus Sicht der Verteilnetzbetreiber analysiert. Mit dem VDE FNN Impuls „Analyse und Verifikation der BNetzA-Vorgaben zur Berechnung der Mindestbezugsleistung aus Sicht eines Verteilnetzbetreibers“ waren Netzbetreiber aufgerufen, die vorgestellten Berechnungen für Ihr Netzgebiet durchzuführen. Auf Basis dieser Rückmeldungen konnten Rückschlüsse zu den Auswirkungen der aktuellen BNetzA-Regelungen aus BK6 22-300 gezogen werden, die in die Erarbeitung dieser Empfehlung eingeflossen sind. Dabei konnte festgestellt werden, dass aus Sicht der Netzbetreiber die Mindestleistung für einzelne Extremsituationen zu hoch ist. Einigkeit herrscht jedoch auch darüber, dass eine schnelle Umsetzung der Steuerung über intelligente Messsysteme notwendig ist. Daher wird keine generelle Absenkung der Mindestleistung gefordert. Die Mindestleistung muss zukünftig auf Grundlage praktischer Erfahrungen im Netzbetrieb regelmäßig angepasst werden.
Gültigkeitsdauer einer Netzzustandsermittlung
Mit dem VDE FNN Hinweis „Maximaler Zeitraum zwischen dem Vorliegen des Ergebnisses der Netzzustandsermittlung und dem Auslösen der Reduzierung des netzwirksamen Leistungsbezugs durch den Netzbetreiber gegenüber dem Messstellenbetreiber“ wird die Empfehlung von VDE FNN zu Tenorziffer 2g veröffentlicht. Eine Steuerungsmaßnahme des Verteilnetzbetreibers muss unverzüglich als Reaktion auf vorliegende Ergebnisse der Netzzustandsermittlung erfolgen, um den Ultima-Ratio-Gedanken des Paragrafen 14a EnWG Rechnung zu tragen. Im Rahmen der Tenorziffer 2g wird somit betrachtet, innerhalb welches Zeitraums nach dem Vorliegen des Ergebnisses der Netzzustandsermittlung der Verteilnetzbetreiber über weitere Maßnahmen entscheiden muss. Die BNetzA-Festlegung sieht hierfür initial einen Zeitraum von fünf Minuten vor.
Aus Sicht von VDE FNN gibt es keine Anhaltspunkte, dass die von der BNetzA vorgeschlagene Zeitspanne für diesen Prozessschritt nicht auskömmlich sein könnte. Die angegebene Zeitspanne kann zusammenfassend als maximale Gültigkeitsdauer der Netzzustandsermittlung verstanden werden.
Einbeziehung aller relevanten Marktakteure
Zusätzlich zu den veröffentlichten VDE FNN Impulsen mit Möglichkeit zur Kommentierung fanden während der Arbeit an den veröffentlichten Hinweisen am 15. Februar 2024 und am 28. Mai 2024 unter der Leitung der BNetzA Workshops mit beteiligten Marktakteuren statt, bei denen VDE FNN über die aktuellen Arbeiten informierte und Beteiligte die Möglichkeit der Stellungnahme hatten.