VDE FNN
01.01.2025

Grundlage für die Durchführung einer Netzzustandsermittlung in der Niederspannung geschaffen

Die Grundlage für die Bewertung des Netzzustands in der Niederspannung ist die sogenannte Netzzustandsermittlung. Im Rahmen der VDE FNN Studie „Standardisiertes Vorgehen für die Durchführung von Netzzustandsermittlungen auf Basis von Echtzeit-Messwerten in der Niederspannung“ wurde der aktuelle Stand der Technik sowie notwendige Sensorausstattungsgrade evaluiert. Die Ergebnisse der Studie sind direkt in die Ausarbeitungen einer VDE FNN Empfehlung eingeflossen, die im Rahmen eines Festlegungsverfahrens der Bundesnetzagentur (BNetzA) zum 1. Januar 2025 übergeben worden sind.  

Um ein praxisnahes und wissenschaftlich fundiertes Vorgehen zur Umsetzung einer Netzzustandsermittlung entwickeln zu können, hat VDE FNN die Consentec GmbH in Kooperation mit der Bergischen Universität Wuppertal beauftragt, die notwendigen Grundanforderungen gemeinsam mit einer VDE FNN Projektgruppe wissenschaftlich zu untersuchen.

Meta-Analyse zum Stand der Technik

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde in der Studie zur Netzzustandsermittlung zunächst eine Meta-Analyse durchgeführt, die Publikationen zum Thema der Netzzustandsermittlung im Verteilnetz untersucht hat. Das Hauptziel dieser Analyse bestand darin, eine systematische und tabellarische Übersicht zu erstellen, die die Vergleichbarkeit der Hauptergebnisse aus verschiedenen Studien ermöglicht. Anschließend wurden Szenarien definiert, die auf die Ermittlung zukünftiger Versorgungslagen und die Identifikation möglicher Netzengpässe abzielen. 

Simulationen und Berechnung der notwendigen Sensorausstattungsgrade

Unter Berücksichtigung der Meta-Analyse sowie der erstellten Szenarien wurden die benötigten Umfänge an Netzzustandsdaten, das heißt notwendige Sensorausstattungsgrade, für das zuverlässige Erkennen von Netzengpässen ermittelt. 

Bei den Untersuchungen wurden drei heute verwendete Grundtopologien von Niederspannungsnetzen betrachtet:

  • Strahlennetz
  • Vermaschtes Netz mit einer Transformatoreinspeisung
  • Vermaschtes Netz mit zwei oder mehr Transformatoreinspeisungen

Für die Berechnungen wurden sowohl auf synthetische Netzmodelle als auch auf reale Niederspannungsnetzmodelle der jeweiligen Netztopologien zurückgegriffen. Eine übersichtliche Charakterisierung der verwendeten Modelle ermöglicht es Netzbetreibern zudem, die Ergebnisse der Analysen für ihre individuellen Netze zu evaluieren. 

Es wurden drei Konstellationen der im Netz installierten Sensorik untersucht und jeweils ein Mindestausstattungsgrad von intelligenten Messsystemen (iMSys) ermittelt:

  • Gesamtleistungsmessung des Transformators + iMSys
  • Abgangsscharfe Messung + iMSys
  • Keine Gesamtleistungsmessung des Transformators und keine abgangsscharfe Messung, das heißt ausschließlich iMSys

Das Kernergebnis der Studie ist damit eine von Netztopologie und Messkonzept abhängige Matrix notwendiger Sensorausstattungsgrade. Bei Einhaltung dieser Ausstattungsgrade kann die Einhaltung der Genauigkeitsanforderungen an eine Netzzustandsermittlung angenommen werden.

Qualitative Analysen zur besseren Einordnung und Datenreduktion

Neben den quantitativen Analysen zu notwendigen Ausstattungsgraden wurden in der Studie auch qualitative Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehörte die Analyse der Auswirkungen einer symmetrischen, das heißt über alle Phasen gemittelten Netzzustandsermittlung im Vergleich zu einer asymmetrischen, das heißt phasenscharfen Berechnung. Zudem wurde die Möglichkeit evaluiert, durch den Einsatz zusätzlicher Messtechnik in Kabelverteilerschränken die Anzahl der benötigten iMSys zu verringern. Abschließend wurde ein Ansatz zur Datenreduktion untersucht, der zeigt, wie bei dem durch Schwellwerte an den iMSys sowie am Transformator in der Ortsnetzstation die zu übertragenden Datenmengen reduziert werden können.

Im Kontext der Ausgestaltung von Paragraf 14a EnWG

Die BNetzA-Festlegung BK6-22-300 zur Ausgestaltung von Paragraf 14a EnWG regelt, dass steuerbare Verbrauchseinrichtungen und Energie-Management-Systeme im Falle einer kritischen Auslastungssituation des vorgelagerten Niederspannungsnetzes ihren netzwirksamen Leistungsbezug entsprechend der Vorgaben des Verteilnetzbetreibers reduzieren müssen. Die Grundlage zur Bewertung eines kritischen Netzzustands in einem Netzbereich ist die Netzzustandsermittlung. Die Ergebnisse der Studie sind daher direkt in die Ausarbeitungen einer VDE FNN Empfehlung zum Stand der Technik einer Netzzustandsermittlung eingeflossen. VDE FNN hat die Empfehlung im Rahmen des Festlegungsverfahren zum 1. Januar 2025 an die BNetzA übergeben.