Die Nachfrage nach elektrisch betriebenen Radiatoren und Heizlüftern steigt: 600.000 dieser sogenannten Direktheizungen wurden im ersten Halbjahr 2022 verkauft, schrieb der Tagesspiegel am 29. Juli 2022. Das entspreche einem Plus von 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dazu kommt eine Vielzahl von bereits vorhandenen Geräten. Es ist davon auszugehen, dass im Winter viele dieser Geräte zum Einsatz kommen. Da der Verkauf und der Anschluss solcher Geräte keinerlei Anmeldeprozessen unterliegt, ist der tatsächliche Einsatz und die Verteilung im Netz kaum abschätzbar und stellt eine ernste Herausforderung für die Verteilnetze dar.
Heizen mit Strom: Droht durch Direktheizungen eine Überlastung des Stromnetzes?
Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 ist die Gasversorgung in den Fokus gerückt. Viele Haushalte wollen im Winter statt mit Gas nun mit Strom heizen. Doch droht durch Direktheizungen eine Überlastung des Stromnetzes? Unsere Fragen und Antworten klären auf.
Die FAQs werden regelmäßig erweitert. Wenn Sie Antwort auf eine Frage benötigen, sprechen Sie uns an. Wir nehmen Ihre Fragen gerne in die FAQ-Liste auf.
FAQ
Kann ich im Winter meine Wohnung / mein Haus noch mit Gas heizen?
- Der Notfallplan Gas des BMWK kennt drei Stufen:
- Frühwarnstufe: kein staatlicher Eingriff, regelmäßiger Bericht der Gasversorger und Betreiber der Gasleitungen an die Bundesregierung
- Alarmstufe: Bundesregierung kann unterstützend eingreifen, z. B. mit Maßnahmen gemäß Energiesicherungsgesetz
- Notfallstufe: Bundesregierung kann die Bundesnetzagentur als „Bundeslastverteiler“ einsetzen und diese entscheidet in Abstimmung mit den Netzbetreibern über die Gasverteilung
- Seit dem 23. Juni 2022 befinden wir uns in der Alarmstufe (laut Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Beitrag vom 23.06.2022). Diese signalisiert allen Verbraucherinnen und Verbrauchern den Gasverbrauch aus Vorsorgegründen zu reduzieren.
Auch in der Notfallstufe zählen Haushalte und Gaskraftwerke zur Fernwärmeversorgung zu den gesetzlich geschützten Kunden und sind bis zuletzt mit Gas zu versorgen.
Lohnt es sich preislich mit Radiatoren oder Heizlüftern (= Strom) anstelle von Gas zu heizen?
- Strom wird in Kilowattstunden gemessen. Der Gaszähler misst in Kubikmeter. 1 Kubikmeter Gas entspricht dabei ungefähr 10 Kilowattstunden (kWh).
- In Altverträgen ist die Kilowattstunde Strom 4-mal so teuer wie die Kilowattstunde Gas. Heizen mit Strom anstatt Gas lohnt sich nicht.
- In Neuverträgen ist die Kilowattstunde Strom zur Zeit 2-mal so teuer wie die Kilowattstunde Gas. Der Preisunterschied würde für eine 80 qm Wohnung mit ca. 12.000 kWh Gasverbrauch (reine Heizleistung) im Jahr zu Mehrkosten von ca. 3.600 Euro führen. Weitere Werte siehe Tabelle.
Heizen mit Strom lohnt sich nicht!
Wie ist das Stromnetz geschützt und welchen Einfluss hat jeder Haushalt?
- Das Stromnetz und seine einzelnen Anlagen (z. B. Leitungen und Transformatoren) werden vor einer Überlastung durch Sicherungen geschützt. Diese lösen aus, wenn eine Überlast eintritt, um bleibenden Schaden von den Anlagen fern zu halten.
- Eine Überlastung von Anlagen und demzufolge ein örtlich begrenzter Stromausfall kann z. B. durch den vermehrten Einsatz von Heizlüftern und Radiatoren ausgelöst werden. Entscheidend ist, wie viele Geräte gleichzeitig betrieben werden. Bereits ein bis zwei Heizgeräte (jeweils ca. 2 kW) pro Haushalt können – in mehreren Haushalten gleichzeitig betrieben – unser Netz überfordern.
Falls es zu einem Stromausfall kommt und damit der Netzbetreiber nach Austausch der Sicherungen im Netz zügig wieder einschalten kann: Vor allem die großen Verbraucher (z. B. Radiatoren und Heizlüfter) vom Netz nehmen (Stecker aus der Steckdose ziehen)!
Um im Winter die Stromnetze nicht zu überlasten: Nicht mit Direktheizungen heizen oder zuheizen, denn ohne Strom fällt auch die private Gasheizung aus!
Wie sieht die Zukunft des Stromnetzes aus und welchen Einfluss haben Haushalte?
- Mittel- bis langfristig werden viele der Gas- und Ölheizungen durch Wärmepumpen ersetzt werden. Auch dies führt zu einer Steigerung des Strombedarfs zum Heizen.
- Im Gegensatz zu Radiatoren und Heizlüftern zählen Wärmepumpen jedoch per Gesetz (§ 14a EnWG) bereits heute zu den steuerbaren Verbrauchseinrichtungen.
- Diese können künftig in kritischen Netzsituationen vom Netzbetreiber in der Leistungsaufnahme geregelt werden. Dies hilft, das Netz auch in Hochlastzeiten zu sichern, ist aber per Gesetz und Verordnung limitiert. Haushalte sollen immer versorgt werden.
- Details dazu werden voraussichtlich im Laufe des Jahres durch die Bundesnetzagentur festgelegt: z. B. welche Leistung mindestens jedem jederzeit zur Verfügung steht und wie häufig bzw. wie lange darüber hinaus maximal eingegriffen werden darf
Haushalte können dazu beitragen, den Verbrauch an die wetterabhängige Erzeugung anzupassen und damit unsere Energieversorgung nachhaltiger zu gestalten.