Schutz- und Leittechnik (1)
VDE FNN
10.07.2024

Schutzkonzepte fit für die Zukunft machen

Studienpartner gesucht: VDE FNN beauftragt eine Studie zu Anforderungen an Schutzkonzepte im Hochspannungsnetz, wenn gleichzeitig Verteilnetze stark von dezentralen Erzeugungsanlagen durchdrungen sind. Bewerbungsfrist: 8. September.

Im Zuge der Dekarbonisierung des Energie- und Mobilitätssektors wird die installierte Leistung von PV- und Windkraftanlagen im Verteilnetz weiter anwachsen. Damit steigt die Bedeutung dieser Anlagen. Können Fehler im Netz nicht schnell genug geklärt werden, trennen sich viele Anlagen selbst vom Netz.

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Simon Widrinna

Ein mehrpoliger Kurzschluss im Hochspannungsnetz wird in der Regel mit einer Fehlerklärungszeit < 1 s abgeschaltet. Kommt es jedoch zu Schutz- oder Leistungsschalterversagen, so sind deutlich höhere Reserveschutzzeiten in Verteilnetzen denkbar. Ziel der Studie ist es daher, die Auswirkungen verlängerter Reserveschutzzeiten zu analysieren und Schutzkonzepte gegebenenfalls anzupassen.

Hintergrund

Erzeugungsanlagen müssen fähig sein, während eines Netzfehlers einen Blindstrom einzuspeisen und sich erst nach einer definierten Zeit vom Netz zu trennen (fault-ride-through). Die Zeiten sind abhängig vom konkreten Spannungsrückgang am Netzverknüpfungspunkt der Anlage und den technischen Anschlussbedingungen, welche bei Inbetriebnahme der Anlage Gültigkeit hatten. Außerdem sind die Erzeugungsanlagen je nach Anschlussbedingungen des Netzbetreibers verpflichtet, einen Blindstrom zur Spannungsstützung während des Netzfehlers einzuspeisen (dynamische Netzstützung).

Viele deutsche Verteilnetzbetreiber verwenden in Anlehnung an den VDE FNN Hinweis „Leitfaden zum Einsatz von Schutzsystemen in elektrischen Netzen“ Distanzschutz für den selektiven Haupt- oder ortsfernen Reserveschutz. Um eine selektive Auslösung der Schutzsysteme sicherzustellen, werden die Auslösezonen und -zeiten auf das jeweilige Netz angepasst. 

Aktuelle Herausforderungen und Ziel der Studie

Die Erfahrungen verschiedener Netzbetreiber zeigen, dass aktuell im Reserveschutzfall längere Fehlerklärungszeiten nicht auszuschließen sind. Als Folge sind relevante Einspeiseverluste zu beobachten, die zu kritischen Netzzuständen (Leistungsbilanzstörung) führen können. Diesen sollen künftig durch angepasste Schutzkonzepte vorgebeugt werden. Dazu sollen geeignete Verfahren und Kriterien aufgestellt werden, mit denen die planerische Anforderung eines angepassten Schutzsystems abgeleitet werden kann. Diese sind zum Beispiel:

  • Pragmatische Simulationsverfahren und Annahmen (stationär) zur Identifikation von zu prognostizierenden Einspeiseverlusten
  • Empfehlung für eine maximale Fehlerklärungszeit im Hochspannungsnetz, die in Abhängigkeit mit den damit verbundenen Einspeiseverlusten (ausgefallene Leistung bezogen auf die installierte Leistung) steht

Wenn Sie an einer Bearbeitung der Studie interessiert sind, senden Sie bitte ein entsprechendes Angebot per E-Mail an Simon Widrinna unter Berücksichtigung der ergänzenden Festlegungen bis 8. September 2024 zu.