Die Systemstabilität ist eine entscheidende Grundlage für eine sichere und zuverlässige Stromversorgung. Durch den Umbau des Energiesystems auf erneuerbare Energien nimmt die Netzauslastung zu und der Netzbetrieb wird anspruchsvoller. Gleichzeitig verzögert sich der Netzausbau. So kommt es zu Schwankungen bei Frequenz und Spannung – vermehrt entstehen Engpässe. Um alle Kunden sicher und zuverlässig mit Strom zu versorgen und dabei vorrangig erneuerbare Energien einzuspeisen, müssen die Netzbetreiber die Engpässe beseitigen und korrigierend eingreifen. Die Aufwendungen dafür steigen seit einigen Jahren.
Nachfolgend werden hierzu die aktuell vorliegenden Daten aus dem Monitoringbericht 2022 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt ausgewertet, welche sich auf das Jahr 2021 beziehen.
2021 konnten laut Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt rund 27.400 Gigawattstunden Strom von Erzeugungsanlagen nicht wie geplant eingespeist werden. Diese Menge entspricht rund 4,9 Prozent (2020: 4,3 Prozent) des Jahresbrutto-Inlandstromverbrauchs. Dieser lag 2021 bei 557,3 Terrawattstunden (2020: 532,8 Terrawattstunden). Der leichte Rückgang des Jahresbrutto-Inlandstromverbrauchs im Jahr 2020 ist dabei wesentlich durch die Corona-Pandemie bestimmt. Unsere Grafik zeigt die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Netz- und Systemsicherheit von 2014 bis 2021.
Verzögerter Netzausbau
Laut Monitoringbericht 2022 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt sind von den gesamten Netzausbau-Maßnahmen nach Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG, Ausfertigungsdatum: 21.08.2009) 68 Prozent zum Ende des zweiten Quartals 2022 fertiggestellt worden, das heißt 1.248 Kilometer von geplanten 1.821 Kilometern. Von den Netzausbau-Maßnahmen nach Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG, Ausfertigungsdatum: 23.07.2013) sind zum Ende des zweiten Quartals 2022 nur 8,5 Prozent (886 km) von insgesamt 10.413 km realisiert worden. Über den konkreten Stand des Ausbaus des Höchstspannungsnetzes informiert die VDE FNN Karte „Deutsches Höchstspannungsnetz“.
Für die Anpassung von konventionellen Kraftwerken haben Netzbetreiber 2021 rund 1.479 Mio. Euro an Entschädigungen gezahlt (2020: 637 Mio. Euro). Die Entschädigungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen schlugen 2021 mit rund 807 Mio. Euro zu Buche (2020: 761 Mio. Euro). Dieser hohe Aufwand ist notwendig, um die hohe Zuverlässigkeit der Stromversorgung zu sichern. Die gezahlten Entschädigungen sind somit gegenüber 2020 in Summe um rund 63 Prozent gestiegen. Unsere Grafik zeigt die Entschädigungen für die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Netz- und Systemsicherheit von 2014 bis 2021.
Hauptgründe für den Anstieg der nicht wie geplant eingespeisten Strom-Mengen und deren Kosten sind hauptsächlich Nichtverfügbarkeiten von Kraftwerken, Reparaturarbeiten an einem Umspannwerk im vierten Quartal 2021 sowie die stark gestiegenen Großhandelspreise im zweiten Halbjahr 2021.
Es gibt eine zunehmende Differenz zwischen der installierten Leistung gemäß Erneuerbaren-Energien-Gesetz (installierte EEG-Leistung) und Jahreshöchstlast. Unsere Grafik zeigt die Differenzen zwischen 2014 und 2021. Wegen der EEG-Vorrangeinspeisung, die stark schwankend ist, nehmen die möglichen Betriebsfälle zu, in denen steuernd eingegriffen werden muss. Dies äußert sich unter anderem in den steigenden Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Netz- und Systemsicherheit. Abhilfe schafft neben Netzausbau auch Mess- und Steuerungstechnik, mit der Netzbetreiber steuernd eingreifen dürfen.