21.09.2016 Seite

Generator-Umrichter-Prüfstand zur Untersuchung elektrischer Energiewandler in Antriebssträngen

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Die experimentelle Untersuchung von elektrischen Maschinen und Umrichtern in der MW-Klasse ist aufwendig, und in der Industrie fehlen häufig für langfristige und tiefgreifende Arbeiten verfügbare Versuchskapazitäten. Der durch eine Förderung des BMWi realisierte Universalprüfstand – primär aber nicht ausschließlich auf die Windenergie ausgerichtet - ermöglicht die Untersuchung stationärer und dynamischer Eigenschaften elektrischer Maschinen und Umrichter inklusive der Umrichter-Maschine-Wechselwirkungen.

Die Entwicklung von elektrischen Maschinen und Umrichtern im MW-Bereich ist trotz jahrzehntelanger Erfahrungen auf dem Gebiet noch längst nicht abgeschlossen. Dies liegt u.a. daran, dass sich die Anforderungen ändern und die eingesetzten Materialien und elektronischen Bauteile laufend weiterentwickelt werden. Hinzu kommt die stetige Forderung nach verbesserter Wirtschaftlichkeit bei erhöhtem Wirkungsgrad oder erhöhter Zuverlässigkeit. Mit dem Generator-Umrichter-Prüfstand (GeCoLab) können nun sowohl konventionelle als auch innovative Umrichter- und Generatorkonzepte einschließlich der umrichternahen Regelung und Methoden zum Filterdesign eingehend erforscht werden. Dies umfasst Untersuchungen zur Dynamik und Systemstabilität, zur stationären und transienten thermischen Belastung, zu verschiedenen Methoden der Netzeinspeisung und Regelung sowie zum Verhalten bei Netzfehlern wie z.B. Spannungseinbrüchen, Phasenkurzschlüssen oder Erdschlüssen. Mit dem Prüfstand wird weiterhin die Erforschung von Wechselwirkungen zwischen Umrichter und Generator und deren Einfluss auf andere Anlagenkomponenten wie Lager und Getriebe ermöglicht. Als Beispiele seien hier die Auswirkungen von Oberschwingungen im Stromverlauf, zusätzliche Erwärmung, lokale Sättigungseffekte sowie Lagerspannungen und Lagerströme genannt. Die erzielten Ergebnisse erlauben wiederum eine verbesserte Validierung von Berechnungsprogrammen, Diagnoseverfahren und erweiterten Simulationsmodellen für elektrische und betroffene mechanische Komponenten, um den eingangs genannten Anforderungen bereits in der Entwurfsphase Rechnung zu tragen.

Innerhalb der Energieforschung ordnet sich das GeCoLab in einen größeren Verbund mit den in der Wind¬energie¬forschung bereits ausgewiesenen norddeutschen Universitäten Hannover, Oldenburg und Bremen (ForWind) und dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) ein. In dem Verbund werden auch die wechsel¬seitige Nutzung und Weiterentwicklung von Versuchseinrichtungen und –ergebnissen abgestimmt. Während der am IWES in Bremerhaven betriebene Gondel-Prüfstand hauptsächlich auf die Erprobung und Verifikation begleitend zur Produktentwicklung und -optimierung abzielt und damit Prüfanlagen im Verhältnis 1:1 erfordert, wird mit dem Generator-Umrichter-Prüfstand an der Leibniz-Universität Hannover die Vorentwicklung des elektrischen Antriebs¬stran¬ges sowie die (universitäre) Erforschung und Entwicklung von neuen Konzepten und Berechnungswerkzeugen abgedeckt. In diesen Phasen des Innovations¬prozesses werden die Anlagen aus Kostengründen im kleineren Maßstab abgebildet. Die hier gewählte Leistungsklasse von ca. 1,5 MW ermöglicht es, aussagekräftige Untersuchungen für Zielsysteme noch größerer Leistung z.B. im Maßstab ca. 1:10 durchzuführen. Dadurch wird die Einrichtung auch für industrielle Partner interessant, die im Rahmen von Vorfeld¬entwicklungen neue Konzepte erproben wollen.

Auch neue Umrichterkonzepte, wie z.B. modulare Multilevel-Umrichter, sollen in der Prüffeldumgebung des GeCoLab im verringerten Maßstab untersucht werden können. Dazu ist die Flexibilität erforderlich, Prüfstandsumrichter gegen zu untersuchende Umrichter auszutauschen.

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Bild 1: Systemschaltbild des Generator-Umrichter-Prüfstandes

Aufgrund der oben beschriebenen Forschungsfragen, der technischen Eigenschaften und der Verbreitung der verschiedenen Antriebsstrangkonzepte von Windenergieanlagen wurde das in Bild 1 dargestellte Prüfstandkonzept gewählt, dessen wichtigsten Kenndaten in Tabelle 1 zusammengefasst sind. Ausgestattet ist der Universalprüfstand mit einer doppeltgespeisten Asynchronmaschine und einer permanetmagneterregten Synchronmaschine mit jeweils zugehörigen 690V-Umrichtern sowie einer umrichterbasierten Netznachbildung mit 4,4 MVA. Die Maschinen sind mit umfangreicher zusätzlicher Messtechnik für Temperaturen in Stator und Rotor und mit Flussmessspulen ausgestattet. Außerdem besteht an den Maschinen die Möglichkeit, verschiedenste Versuche durch die Herausführung aller Spulengruppen, eine einstellbare Exzentrizität und die Applikationsvorbereitung für Stromsensoren in einzelnen Teilen der Maschine durchzuführen. Die zwei Generatoren, die Umrichter und das Getriebe sind wassergekühlt, die jeweils mit unterschiedlichen Sollwerten für Vorlauftemperatur und Durchflussmenge betrieben werden können. Eine aufwendige Schaltvorrichtung ermöglicht verschiedenste Konstellationen der zu prüfenden Geräte, einschließlich der Verwendung eines (nicht im Bild dargestellten) zusätzlichen Umrichterprüflings, der zwischen Netz bzw. Netznachbildung und einer der Maschinen verschaltet werden kann.

Tabelle 1: Ausstattungskenndaten

Spannfeldgrundfläche

10 m x 4,3 m

Maximales Komponentengewicht

20 t

Permanentmagneterregte Synchronmaschine mit zugehörigem Vollumrichter

PN = 1,2 MW

nN = 375 min-1 (0 – 750 min-1)

Doppeltgespeiste Asynchronmaschine mit zugehörigem Windumrichter

PN = 2,08 MW

nN = 1780 min-1

Umrichterbasierte Netznachbildung

SN = 4,4 MW

Aufgrund der Back-to-Back-Anordnung der Maschinen muss aus dem 10 KV-Netz lediglich die Verlustleistung der Generatoren und Umrichter bereitgestellt werden. Mit dem in Bild 1 gezeigten FRT-Netzwerk (Fault-Ride-Through) wird die Prüfung der Reaktion auf Netzfehler ermöglicht. So können zwei- und dreipolige Kurzschlüsse, ein unsymmetrisches Netz oder Harmonische in der Netzspannung simuliert werden, ohne dass es zu Beeinflussungen des 10 kV-Netzes kommt. Die durchgängigste und beste Lösung dafür ist das Verfahren, die für den Versuch gewünschte fehlerbehaftete Netzspannung durch einen Umrichter mit einer speziellen Steuerung und Regelung bereitzustellen. Um die erhöhten Fehlerströme realisieren zu können, muss dieser Umrichter auf der Ausgangsseite leistungsfähiger sein als auf seiner Eingangsseite. Mit Hilfe dieses Umrichters können gezielt Zeitverläufe für die Netzspannung im Fehlerfall für jede Phase getrennt vorgegeben werden.

Der Generator-Umrichter-Prüfstand wurde in einer Komplettausstattung realisiert, so dass der Prüfstand ohne weitere Komponenten bereits funktionsfähig ist. Zur Durchführung von weiteren Versuchen können in der Anlage jeweils einzelne Komponenten gegen Prüflinge ausgetauscht werden. Folgende Komponenten sind zum Tausch gegen einen Prüfling vorgesehen:

  • Doppelt gespeister Asynchrongenerator (DFIG)
  • Rotorseitiger Umrichter für DFIG
  • Synchrongenerator (SG)
  • Vollumrichter für Synchrongenerator
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Bild 2: Foto der gekoppelten Maschinen und des Anschlussfeldes während der Inbetriebnahme

Beim Tausch eines Generators zusammen mit dem zugehörigen Umrichter sind auch vielfältige andere Kombinationen realisierbar, beispielsweise kann der DFIG gegen einen Asynchrongenerator mit Vollumrichter getauscht werden. Ein zügiger Wechsel der Komponenten wird durch ein Spannfeld sowie einen bauseitigen 20t-Kran ermöglicht. Das Maschinenfundament ist mittels pneumatischer Federelemente vom Gebäude entkoppelt. Für einen Wechsel der Umrichter gegen einen Prüfling wurde außerdem ein gut zugängliches Klemmfeld installiert. Einen Eindruck des fertiggestellten Generator-Umrichter-Prüfstandes zeigt Bild 2. Zurzeit befindet sich ein erster Prüfling, eine fremderregte Synchronmaschine aus einer Industriekooperation, in der Inbetriebnahmephase.

Der konsequent auf Universalität ausgelegte Prüfstand bietet die erforderlichen Variationsmöglichkeiten, um dem Anspruch zu genügen, die Vielfalt aktueller und zukünftiger Antriebstopologien sowohl in der Gesamtheit als auch an Einzelkomponenten untersuchen zu können. Gerne nehmen wir Fragen und Anregungen entgegen.

Redakteure

Prof. Dr.-Ing. Axel Mertens, Leipniz Universität Hannover, Institut für Antriebssysteme und Leistungselektronik

Dr.-Ing. Jörn Steinbrick, Leipniz Universität Hannover, Institut für Antriebssysteme und Leistungselektronik

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