2.2 Risiken und Gegenmaßnahmen
Die Untersuchungen zur Flexibilität des europäischen und deutschen Kraftwerkseinsatzes unterstellen zum jeweiligen Simulationszeitpunkt vollständige Information hinsichtlich der EE-Einspeisesituation, während in der Realität Unsicherheiten verbleiben. Folgende Risiken aus Markt- und Bilanzsicht werden dabei als potenziell gefährlich für die Systemsicherheit identifiziert und näher untersucht:
- Fehlende Marktanreize
- Kurzfristige Leistungsungleichgewichte
- Volatilität der Handelsbilanz
Das Risiko fehlender Marktanreize beschreibt, dass sich keine ausreichende Anzahl von Kraftwerken am Netz befindet, um die benötigte Flexibilität bereitzustellen. Eine Vielzahl thermischer Erzeugungseinheiten fährt in den Simulationen vor und zu Beginn der SoFi bis zu zwei Stunden auf Teillast, um zum Zeitpunkt maximaler Abschattung hochfahren zu können. Dieser Teillastbetrieb führt neben potentiellen Deckungsbeitragsverlusten zu einer Fahrweise mit schnellen Leistungsänderungen, welche mit erhöhtem Verschleiß von Betriebsmitteln einhergehen kann. Daher muss gewährleistet sein, dass der Markt ausreichend Anreize für eine derartige Fahrweise setzt und bereits im Vorfeld relevante Markteilnehmer, insbesondere Anlagenbetreiber von Wasser- und Steinkohlekraftwerken, sensibilisiert werden. Des Weiteren können kurzfristig Fahrpläne auf eine korrekte Antizipation der SoFi geprüft werden, so dass bei Fehlallokation eingegriffen werden kann. Dies kann bspw. das Anfahren von Reservekraftwerken oder die Möglichkeit von Maßnahmen nach §13.2 EnWG bedeuten. Eine weitere Option besteht in der vertraglichen Kontrahierung von Kraftwerksleistung für den Zeitbereich der SoFi.
Als weiteres Risiko können potentiell erhöhte PVA-Gradienten von zum Teil mehr als 250 MW/min während der SoFi zu kurzfristigen Leistungsungleichgewichten führen. Insbesondere bei einer stündlichen (anstelle von 15-minütigen) Bilanzkreisbewirtschaftung treten dabei doppelt so hohe kurzfristige Leistungsungleichgewichte wie bei einem PVA-Leistungsanstieg an einem normal sonnigen Tag auf. Neben den präventiven Maßnahmen wie Sensibilisierung der Marktteilnehmer, ihre Bilanzkreise möglichst viertelstündlich zu bewirtschaften, stellt die Erhöhung der vorgehaltenen Regelreserve in allen Qualitäten eine potentielle Gegenmaßnahme dar.