Die europäische Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation (EU) 2017/745, MDR) verlangt von Medizinprodukteherstellern das Anbringen einer Produktkennung, die Unique Device Identification (UDI) (Art. 10 (7) MDR). Die UDI ist eine Zeichenfolge, die eine eindeutige Identifizierung einzelner Produkte auf dem Markt ermöglicht. Ziel der EU ist es, Medizinprodukte rückverfolgbar zu machen, die Marktüberwachung zu verbessern und die Sicherheit von Medizinprodukten auf diese Weise zu erhöhen.
Wozu dient das UDI-System?
Das UDI-System vereinfacht es, auffällige Medizinprodukte zu identifizieren, zu melden und ggf. Sicherheitskorrekturmaßnahmen einzuleiten. Auf diese Weise sollte die Überwachung nach dem Inverkehrbringen, zu der ein Hersteller laut MDR verpflichtet ist, vereinfacht werden. Produktrückrufe können schneller und effizienter durchgeführt werden.
Durch die verbesserte Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten können Hersteller Anwendungsfehler besser erfassen und analysieren. Dies wird zu einer besseren Datengrundlage führen, die Qualität von Medizinprodukten erhöhen und helfen, Fehlbehandlungen zu reduzieren.
Wie ist das UDI-System aufgebaut?
Das UDI-System setzt sich zusammen aus
- der UDI, im Deutschen auch einmalige Produktkennung,
- der Basis UDI-DI, und
- der UDI-Datenbank
Die UDI ist eine eindeutige numerische oder alphanumerische Zeichenfolge (Art. 2 (15) MDR), die sich aus den zwei Komponenten, der UDI-DI und UDI-PI, zusammensetzt.
Die UDI-DI (UDI-Device Identification) dient der Identifizierung eines Produktmodells. Die UDI-DI bleibt über den Lebenszyklus des Produktmodells gleich, solange keine wesentlichen Änderungen am Produkt vorgenommen werden. Änderungen, wie z. B. ein anderer Handelsname, eine abweichende Produktversion oder ein anderes Produktmodell, können eine neue UDI-DI erfordern.
Mit der UDI-PI (UDI-Production Identification) wird eine Produktionseinheit eines Produkts gekennzeichnet. Zu den verschiedenen Arten der UDI-PI gehören die Seriennummer, die Losnummer, die Software-Identifikation und das Herstellungs- oder Verfallsdatum oder beide Daten.
Somit ermöglicht die UDI sowohl den Produkttyp als auch spezifische Informationen zur Produktionscharge oder Einzeleinheit eines Produkts abzubilden. Mehrere Produktionseinheiten eines Produktmodells weisen somit die gleiche UDI-DI aber unterschiedliche UDI-PIs auf. Dadurch wird jedes Medizinprodukt auf dem Markt eindeutig identifizierbar und rückverfolgbar.
Die Basis UDI-DI ist eine Registrierungsnummer für eine Gruppe von Produkten mit gleicher Zweckbestimmung, gleicher Risikoklasse und vergleichbaren Konstruktions- und Fertigungsmerkmalen. Sie kann als Kennung einer Produktfamilie aufgefasst werden. Eine Basis UDI-DI kann mehrere UDI-DIs zusammenfassen, wohingegen eine UDI-DI nur einer Basis UDI-DI zugeordnet werden kann.
Während die UDI auf dem Produkt, bzw. Etikett oder der Verpackung, auftaucht, erscheint die Basis UDI-DI nicht auf dem Produkt. Die Basis UDI-DI dient zur Verwaltung und regulatorischen Registrierung von Medizinprodukten auf höherer Ebene und findet Verwendung in der:
- Konformitätserklärung des Herstellers,
- Technischen Dokumentation,
- Produktregistrierung in EUDAMED,
- Erstellung des Kurzberichts über Sicherheit und klinische Leistung,
- Erstellung von Freiverkaufszertifikaten
Die UDI-Datenbank ist Teil der europäischen Medizinproduktedatenbank EUDAMED (Art. 28 MDR). Hersteller müssen alle ihre Medizinprodukte in dieser Datenbank registrieren.
Wie erhalten Hersteller die UDI und Basis UDI-DI?
Hersteller von Medizinprodukten erhalten die UDI-DIs und die Basis UDI-DIs über Zuteilungsstellen, die von der Kommission benannt wurden (Art. 27 MDR). Die UDI-PI wird vom Hersteller selbst vergeben.
Derzeit gibt es vier Zuteilungsstellen mit deren Standards die Anforderungen der MDR bezüglich UDI umsetzen werden können: GS1, IFA, HIBCC und ICCBBA. Die konkrete Generierung der UDI-DIs und Basis UDI-DIs unterscheidet sich zwischen den unterschiedlichen Zuteilungsstellen. Die Zuteilungsstellen bieten den Herstellern entsprechende Anleitungen und Richtlinien an, die die Umsetzung der UDI-Anforderungen mittels ihrer Standards erläutern. Hersteller können zudem unterschiedlich große Codekontingente bei den Zuteilungsstellen erwerben, um die spezifischen Anforderungen ihrer Produktpalette zu erfüllen.
Die Zuteilung von UDI-Codes durch die Zuteilungsstellen erfolgt für:
- Vermarktete Produkte inklusive Software und Komponenten
- Verpackungsebenen
- Produktkonfigurationen
- Produktsysteme
- Behandlungseinheiten
Wie ist die UDI anzubringen?
Der UDI-Träger bezeichnet das Medium, auf dem die UDI in maschinenlesbarer Form (AIDC - Automatic Identification and Data Capture) und menschenlesbarer Form (HRI - Human Readable Interpretation) aufgebracht oder gespeichert wird (Anhang VI Teil C 1. MDR). Möglichkeiten sind u.a. lineare 1D-Strichcodes, 2D-Matrix-Strichcodes und RFID (Radio Frequency Identification). Der UDI-Träger wird auf der Kennzeichnung oder auf dem Produkt selbst, sowie auf allen höheren Ebenen der Produktverpackung, angebracht (Anhang VI Teil C 4. MDR). Versandcontainer gelten dabei nicht als höhere Verpackungsebene. Im Anhang VI Teil C Punkt 4 MDR sind konkrete Anforderung an die Gestaltung/Beschaffenheit und die Anbringung des UDI-Trägers beschrieben. Angaben für besondere Produktarten, wie z.B. implantierbare Produkte, sind im Anhang VI Teil C Punkt 6 der MDR beschreiben.
Die Anbringung der UDI ist eine zusätzliche Anforderung und ersetzt keine anderen Markierungs- oder Kennzeichnungsanforderungen gemäß Anhang I Punkt 23 der MDR.
Wie erfolgt die Registrierung in der UDI-Datenbank?
Die UDI-Datenbank ist Teil der European database on medical devices (EUDAMED). Hersteller können über Ihren EUDAMED-Zugang Produkte in der UDI-Datenbank registrieren. Neben der Basis UDI-DI und den zugehörigen UDI-DI werden weitere Produktinformationen, wie z.B. die Risikoklasse und der Handelsname, abgefragt. Die Angabe der UDI-PI erfolgt nicht direkt, sondern mittels der Angabe des Typs der UDI-PI in Form von Losnummer, Serialnummer, Herstellungs- oder Verfallsdatum. Zur Unterstützung der Durchführung der Produktregistrierung existiert ein Benutzerhandbuch.
Wie setzt ein Hersteller die UDI im QMS um?
Entsprechend Art.10 (9) (h) MDR ist die Zuteilung der UDI sowie die Gewährleistung der Einheitlichkeit und Richtigkeit der im Zuge der Registrierung in der UDI-Datenbank angegebenen Informationen Teil des Herstellers Qualität Management Systems (QMS). Zur Hilfestellung zur Umsetzung der UDI im Hersteller QMS existiert der Leitfaden MDCG 2021-19.
Demnach muss das QMS des Herstellers folgendes beschreiben bzw. Aufzeichnungen dessen nachhalten:
- Festlegung der Verantwortungen in Bezug auf die UDI-Umsetzung (inkl. Sicherstellung von notwendigem Training des Personals)
- Auswahl einer Vergabestelle
- Angaben zur Struktur des UDI-Codes
- Prozess der Zuordnung der UDI-Codes (inkl. systematischer Identifikation von Geräten, Teilen, Komponenten, Systemen oder Behandlungseinheiten, die eine Basis-UDI-DI und eine UDI-DI-Zuweisung erfordern)
- Gruppierung von UDI-DIs (inkl. Begründung) und Zuordnung zur Basis UDI-DI
- Definition der UDI-PI und Anwendbarkeit auf die Produktarten
- Aufzeichnung über vergebene Basis UDI-DIs und UDIs
- Registrierungsprozess in der UDI-Datenbank
- Überführung der Basis UDI-DI in relevante Dokumente (z.B. EU-Konformitätserklärung)
- Referenzieren der UDI-DI in der entsprechenden Technischen Dokumentation
- Prozesse bezüglich des Änderungsmanagements des UDI-Systems, einschließlich der Aktualisierung der UDI-Datenbank
- Gestaltung und Anbringung des UDI-Trägers
- Validierung und Wartung des Verfahrens zur Anbringung des UDI-Trägers (z.B. Etikettierungsverfahren und Wartung der Druckausrüstung)
- Verfahren zur Verknüpfung zwischen der UDIs und den entsprechenden Qualitätsaufzeichnungen (z.B. Complaint Aufzeichnungen, Trendreports, Produktionsaufzeichnungen)
Wann ist die Zuweisung einer neuen UDI-DI erforderlich?
Die Zuweisung einer neuen UDI-DI ist immer dann erforderlich, wenn eine Änderung zu einer falschen Identifizierung des Produkts und/oder zu Unklarheiten bei seiner Rückverfolgbarkeit führen könnte. Eine neue UDI-DI ist insbesondere erforderlich im Falle einer Änderung der folgenden Elemente:
- Basis UDI-DI,
- Name oder Handelsname,
- Version oder Modell des Produkts,
- Kennzeichnung als Einmalprodukt,
- Steril verpackt,
- Notwendigkeit der Sterilisation vor der Verwendung,
- Menge der in einer Packung enthaltenen Produkte,
- Kritische Warnhinweise oder Kontraindikationen,
- CMR/Hormonstörende Stoffe
Gibt es besondere Bestimmungen für medizinische Software in Bezug auf UDI?
Teil C von Anhang VI Teil C 6.5 MDR enthält spezielle Bestimmungen für Software:
- die UDI wird auf der Systemebene der Software vergeben,
- die Software-Identifikation wird als Herstellungskontrollmechanismus betrachtet und in der UDI-PI angegeben,
- nach bestimmten Softwareänderungen muss eine neue UDI-DI zugewiesen werden, und
- die UDI wird nach bestimmten Kriterien angebracht.
In der Leitlinie MDCG 2018-5 „UDI Assignment to Medical Device Software" wird klargestellt, welche Änderungen an einer Medizinproduktesoftware eine neue UDI-DI erfordern:
- jede Änderung der Basis-UDI-DI,
- jede Änderung, die sich auf die ursprüngliche Leistung, Sicherheit oder die Interpretation von Daten auswirkt sowie
- eine Änderung des Namens oder der Handelsbezeichnung, der Versions- oder Modellnummer, der kritischen Warnhinweise, Kontraindikationen oder der Sprache der Benutzeroberfläche.
Geringfügige Software-Änderungen, z. B. Bugfixes ohne Bezug zur Sicherheit, erfordern eine neue UDI-PI und keine neue UDI-DI. Auch diese geringfügigen Änderungen sind in Hinsicht auf das UDI-System zu dokumentieren.
Für Software die auf einem physischen Träger (z.B. CD oder DVD) vertrieben wird, ist auf jeder Verpackungsebene die gesamte UDI in menschenlesbarem Format und maschinenlesbarem Format darzustellen. Die UDI muss dem Nutzer der Software in einer einfach auffindbaren und leicht lesbaren Form zugänglich gemacht werden, z. B. im Infofenster mit Systeminformationen, oder im Startfenster. Hierbei muss die UDI nur in menschenlesbarem Format angeben werden. In Fällen, in denen die Software keine Benutzerschnittstelle hat, muss diese in der Lage sein, die UDI über eine Anwendungsprogrammschnittstelle (application programming interface -API) zu übermitteln.
Welche Fristen gibt es für UDI?
Im Zuge der MDR-Übergangsfristen gelten folgende Fristen für die Verpflichtung der Anbringung des UDI-Trägers:
- Klasse III und implantierbare Produkte: 26. Mai 2021
- Klasse IIa und IIb Produkte: 26. Mai 2023
- Klasse I Produkte: 26. Mai 2025
Die MDR gewährt zwei zusätzliche Jahre im Falle wiederverwendbarer Produkte, bei denen der UDI-Träger auf dem Produkt selbst zu platzieren ist. Hier gelten also folgende Fristen:
- Klasse III und implantierbare Produkte: 26. Mai 2023
- Klasse IIa und IIb Produkte: 26. Mai 2025
- Klasse I Produkte: 26. Mai 2027
Wo gibt es Hilfestellungen für die Umsetzung der UDI?
Die Medical Devices Coordination Group (MDCG) der EU-Kommission hat eine Reihe von Leitfäden in Bezug auf UDI verfasst. Weiterhin bietet die EU-Kommission einen UDI-Helpdesk und die Zuteilungsstellen auf ihren Webseiten umfassende weitere Informationen zu ihren jeweiligen Standards an.
Fazit
Die Umstellung auf UDI stellt insbesondere für Hersteller mit großen Produktpaletten eine Herausforderung dar und ist mit viel Aufwand verbunden. Es empfiehlt sich daher, sich nicht nur auf die reine Erfüllung regulatorischer Anforderungen zu fokussieren, sondern durch Optimierung der Logistik- und Vertriebskette Qualität, Sicherheit und Effizienz des Produktportfolios insgesamt zu erhöhen.