Virtueller Körper
kentoh / Fotolia
12.06.2023 Fachinformation

Klinische Prüfungen mit Medizinprodukten

Was sind klinische Prüfungen mit Medizinprodukten und welche Anforderungen gelten für Hersteller?

Kontakt
Dr. Thorsten Prinz

Die MDR definiert eine klinische Prüfung in Art. 2 (45) als „eine systematische Untersuchung, bei der ein oder mehrere menschliche Prüfungsteilnehmer einbezogen sind und die zwecks Bewertung der Sicherheit oder Leistung eines Produkts durchgeführt wird“. Im Folgenden werden die regulatorischen Rahmenbedingungen für klinische Prüfungen mit Medizinprodukten in Europa zusammenfasst.

Wann sind klinische Prüfungen erforderlich? 

Klinische Prüfungen müssen vom Hersteller in der Regel durchgeführt werden, wenn eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: 

  • die klinischen Daten weisen Lücken auf, die nicht durch andere Quellen geschlossen werden können, 
  • es handelt sich um ein Medizinprodukt oder Implantat der Klasse III (Ausnahme: Änderung eines bestehenden Medizinproduktes und der Hersteller erfüllt die damit verbundenen weiteren Anforderungen (Art. 61 (4) MDR)), 
  • ein völlig neues Medizinprodukt mit neuen Merkmalen und Funktionen soll in Verkehr gebracht werden, 
  • Änderungen an einem bestehenden Medizinprodukt wirken sich auf die klinische Sicherheit und Leistung aus und/oder 
  • die medizinische Zweckbestimmung eines bestehenden Medizinproduktes wird erweitert. 

Klinische Prüfungen in der MDR

Die europäische Verordnung über Medizinprodukte (EU) 2017/745 (MDR) enthält Anforderungen an klinische Prüfungen in Art. 62 bis 82 und Anhang XV, welche die folgenden Aspekte beinhalten:

  • Allgemeine Verpflichtung
  • Sicherheit der Patienten
  • Notfallsituationen
  • Schadenersatz
  • EUDAMED-bezogene Bestimmungen
  • Arten von klinischen Prüfungen
  • Informationsflüsse
  • Maßnahmen der Mitgliedstaaten
  • Bewertung klinischer Prüfungen
  • Unerwünschte Ereignisse

Leitfäden und Normen

Die Medical Device Coordination Group (MDCG) der EU-Kommission hat eine Reihe von Leitfäden für klinische Prüfungen mit Medizinprodukten veröffentlicht:

ReferenzTitel

MDCG 2024-5 

Guidance on the Investigator’s Brochure content 

MDCG 2024-3 

Guidance on content of the CIP for clinical investigations of medical devices 

2023/C 163/06 

Commission Guidance on the content and structure of the summary of the clinical investigation report 

MDCG 2021-28 

Substantial modification of clinical investigation under Medical Device Regulation

MDCG 2021-20

Instructions for generating CIV-ID for MDR Clinical Investigations

MDCG 2021-8

Clinical investigation application/notification documents

MDCG 2021-6

Regulation (EU) 2017/745 – Questions & Answers regarding clinical investigation

MDCG 2020-10/1

Safety reporting in clinical investigations of medical devices under the Regulation (EU) 2017/745

MDCG 2020-10/2

Clinical Investigation Summary Safety Report Form v1.0


Daneben gibt es die folgenden hilfreichen MEDDEV-Richtlinien, die unter den früheren EU-Richtlinien entstanden sind:

  • MEDDEV 2.7/2 rev. 2 Clinical investigation, clinical evaluation - Guide for Competent Authorities in making an assessment of clinical investigation notification (2015)
  • MEDDEV 2.7/3 rev. 3 Clinical investigation, clinical evaluation - Clinical investigations: serious adverse event reporting (2015)
  • MEDDEV 2.7/4 Clinical investigation, clinical evaluation - Guidelines on Clinical investigations: a guide for manufacturers and notified bodies (2010)

ISO 14155

Die internationale Norm „ISO 14155:2020 Klinische Prüfung von Medizinprodukten an Menschen - Gute klinische Praxis“ stellt derzeit den Stand der Technik dar. Zwar ist die Norm noch nicht unter der MDR harmonisiert, aber im Erwägungsgrund 64 der MDR wird die vorherige Version der ISO 14155 ausdrücklich erwähnt.

Definitionen

Der Art. 2 MDR enthält wichtige Definitionen für klinische Prüfungen. Wir empfehlen, die Definitionen der MDR im Zusammenhang mit denen der ISO 14155 zu betrachten.

Der Leitfaden MDCG 2021-6 enthält weitere Begriffserläuterungen. Einige Definitionen der ISO 14155 wie Auftragsprüfinstitut (contract research organisation, CRO) und Datenüberwachungskomitee (data monitoring committee, DMC) fehlen in der MDR.

Arten von klinischen Prüfungen

Die Art einer klinischen Prüfung, die der Hersteller auswählen muss, hängt im Wesentlichen davon ab, ob das Medizinprodukt CE-gekennzeichnet ist, im Rahmen der Zweckbestimmung verwendet wird oder ob zusätzliche invasive oder den Patienten belastende Verfahren eingesetzt werden.
Im Wesentlichen werden drei Arten von klinischen Prüfungen in der MDR unterschieden:

  • Klinische Prüfungen für die Konformitätsbewertung nach Art. 62 sind genehmigungspflichtig. Es gelten die Art. 62 bis 81 und die Anforderungen des Anhangs XV.
  • Klinische Prüfungen im Rahmen vom Post-Market Clinical Follow-Up (PMCF) sind nicht genehmigungspflichtig, sondern meldepflichtig. Es gelten die Anforderungen aus Art. 74 (1).
  • Andere klinische Prüfungen gemäß Art. 82 sind weder genehmigungs- noch meldepflichtig. Es gelten die Anforderungen aus Art. 62 (2, 3, 4b/c/d/f/h/l und 6). In dem jeweiligen EU-Mitgliedsstaat zur Durchführung der klinischen Prüfung können weitere Anforderungen bestehen. Zum Beispiel ist das Kapitel 4 des Medizinprodukte-Durchführungsgesetzes (MPDG) einschlägig für "Klinische Prüfungen und sonstigen klinische Prüfungen" in Deutschland.

Weitere Details sind der Abbildung im Annex I der Richtlinien MDCG 2021-6 zu entnehmen. 

Alle PMCF-Studien mit und ohne zusätzliche invasive oder belastende Verfahren, die im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung des Produkts durchgeführt werden, sind im PMCF-Plan anzugeben (Anhang XIV Teil B, MDCG 2020-7).

Der Sponsor als zentraler Akteur in klinischen Prüfungen

Der Begriff „Sponsor“ stammt aus dem Bereich der pharmazeutischen klinischen Prüfungen. Art. 2 (49) MDR definiert ihn als „jede Person, jedes Unternehmen, jede Einrichtung oder jede Organisation, die bzw. das die Verantwortung für die Einleitung, das Management und die Aufstellung der Finanzierung der klinischen Prüfung übernimmt“. Ist der Sponsor außerhalb der EU ansässig, benötigt er eine natürliche oder juristische Person als gesetzlichen Vertreter (Art. 62 (2)).

Aufgaben des Sponsors

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Aufgaben des Sponsors:

Aufgaben des SponsorsArtikel MDR

Prüfung der neuen ethischen Anforderungen und Einrichtung entsprechender Verfahren

62 (4b); 64

Prüfung, ob Produkt technische und biologische Sicherheitsprüfungen und präklinische Bewertungen sowie spezielle Maßnahmen zur Arbeitssicherheit und Unfallverhütung erfordert, um den Schutz der Prüfungsteilnehmer zu gewährleisten

62 (4l)

Berücksichtigung der im Vergleich zur ISO 14155 strengeren Qualifikationsanforderungen an den Prüfer

62 (6)

Installieren Sie ein System zur Entschädigung der Prüfungsteilnehmer.

69

Prüfung des Verfahrens zur Beantragung der klinischen Prüfung, einschließlich Einreichung bei dem / den Mitgliedstaat(en) sowie der Erstellung und Aktualisierung der entsprechenden Unterlagen

70 (1)

Berücksichtigung der Anforderungen der EUDAMED und insbesondere der Verwendung einer einheitlichen Identifikationsnummer für die gesamte Kommunikation im Zusammenhang mit der klinischen Prüfung

70 (1); 73 (2)

Einrichtung geeigneter Verfahren zur Überwachung der klinischen Prüfung im Hinblick auf den Schutz der Probanden, die Zuverlässigkeit und Belastbarkeit der Daten und die Einhaltung der EU MDR Bestimmungen. Bestimmen Sie Umfang und Art der Überwachung

72 (2)

Einrichtung geeigneter Verfahren zur Speicherung, Analyse und Nutzung klinischer Daten unter Berücksichtigung geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen zum Schutz der Daten

72 (3-4)

Festlegung eines Verfahrens für Notfallsituationen

72 (6)

Festlegung von Verfahren zur Unterrichtung der Mitgliedstaaten über

PCMF-Studien, Änderungen bei klinischen Prüfungen mit erheblichen Auswirkungen und den vorzeitigen Abbruch oder die vorübergehende Einstellung von klinischen Prüfungen

74 (1);
75 (1)* / 78 (12);
77 (1-3)

Einrichtung eines geeigneten Verfahrens für die Übermittlung des klinischen Prüfberichts und der Zusammenfassung des Berichts an den / die Mitgliedstaat(en)

77 (4-7)

Berücksichtigung des Verfahrens für eine koordinierte Bewertung der klinischen Prüfung, wenn mehr als ein Mitgliedstaat betroffen ist

78 (1-2)

Einrichtung geeigneter Verfahren für die Aufzeichnung und Meldung unerwünschter Ereignisse

80

*Vgl. Leitfaden MDCG 2021-28 für weitere Details.


Mit Ausnahme der in der Tabelle ersten aufgeführten Verpflichtung hängen alle anderen vom System der einmalige Produktkennung (Unique Device Identifier, UDI) und der Funktion der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) ab.

Datenschutz

Die EU-Kommission hat ein Q/A Dokument über das Zusammenspiel zwischen der Verordnung (EU) 536/2014 über klinische Prüfungen und der europäischen Datenschutzverordnung 2016/679 veröffentlicht. Die EU-Kommission stellt fest: „[...] it is the obligation of the data controller (sponsor/clinic-institution of the investigator) to implement the appropriate technical and organisational measures to ensure and be able to demonstrate that the personal data are processed in accordance with the data protection rules“.

Beantragung von klinischen Prüfungen

Eine wichtige Änderung im Vergleich zur bisherigen Regelung gibt es bei den klinischen Prüfungen zur Konformitätsbewertung. Bei einer Prüfung, die von einem Sponsor in mehreren EU-Mitgliedstaaten durchgeführt wird, mussten bisher einzelne Anträge gestellt werden. Nun kann der Sponsor den Antrag auch bei nur einer Behörde für alle teilnehmenden Mitgliedsstaaten gemeinsam einreichen (Art. 78). In einer Übergangszeit bis zum 25. Mai 2027 ist dieses koordinierte Verfahren nur in den EU-Mitgliedstaaten verpflichtend, die dessen Anwendung implementiert haben (Art. 78 (14)).

Der Sponsor muss den Antrag über die EUDAMED einreichen und erhält eine einmalige Identifikationsnummer (unique single identification number, CIV-ID, vgl. MDCG 2021-20) für die klinische Prüfung (Art. 70 (1), vgl. MDCG 2021-28). Im weiteren Verlauf der klinischen Prüfung findet der gesamte Informationsfluss ebenfalls über die EUDAMED statt. Zunächst prüft der betreffende Mitgliedstaat, ob die klinische Prüfung in den Geltungsbereich der MDR fällt. Bei nicht-invasiven Produkten der Klassen I-IIb kann die klinische Prüfung dann sofort beginnen. Allerdings muss die zuständige Ethik-Kommission ihre Zustimmung erteilen (Art. 70 (7a)). Bei allen anderen Produkten muss die klinische Prüfung vor Beginn von der zuständigen Behörde genehmigt werden (Art. 70 (7b)).

Bei PCMF-Studien muss der Sponsor die betroffenen Mitgliedstaaten informieren und die in Anhang XV Kapitel II genannten Unterlagen vorlegen. Auch hier muss die EUDAMED verwendet werden (Art. 74 (1)).

Antragsdokumente

Das Kapitel II des Anhangs XV fasst im Einzelnen die Unterlagen zusammen, die für den Antrag nach Art. 70 MDR erforderlich sind:

  • das Antragsformular,
  • das Handbuch des Prüfers (investigator's brochure, IB, vgl. MDCG 2024-5) und
  • der klinische Prüfplan (clinical investigation plan, CIP, vgl. MDCG 2024-3).

Die Europäische Kommission kann delegierte Rechtsakte zur Änderung oder Durchführungsrechtsakte erlassen, um eine einheitliche Anwendung und einen einheitlichen Stand der Technik der Anforderungen gemäß Anhang XV Kapitel II zu gewährleisten (Art. 70 (8,9)).

In Abwesenheit der EUDAMED enthält der Leitfaden MDCG 2021-28 eine Reihe von Anwendungs-/Meldedokumenten für klinische Prüfungen, die zur Unterstützung von klinischen Prüfungen gemäß MDR erstellt wurden.

Ethik-Kommission

Die Ethik-Kommission des jeweiligen Mitgliedstaates ist ein unabhängiges Gremium und gibt auf der Grundlage der nationalen Gesetzgebung eine Stellungnahme zu der geplanten klinischen Prüfung ab (Art. 62 (3)). Außerdem soll die Ethik-Kommission „Standpunkte von Laien, insbesondere Patienten oder Patientenorganisationen“ berücksichtigen (Art. 2 (56)).

Die Ethik-Kommissionen unterliegen den jeweiligen nationalen Anforderungen und arbeiten daher unterschiedlich. Die MDR verlangt jedoch, dass die Verfahren der Ethik-Kommission mit der Verordnung vereinbar sind. Dies ist eine Herausforderung für Sponsoren, insbesondere wenn sie multizentrische Prüfungen in verschiedenen Mitgliedstaaten planen.

Design

Das Design der klinischen Prüfung muss zwei Prinzipien folgen:

  • das Wohlbefinden der Probanden (minimale Risiken und minimale Beeinträchtigungen) und
  • Generierung wissenschaftlich valider, zuverlässiger und robuster klinischer Daten.

Die Grundlage der klinischen Prüfung ist der CIP, der Informationen über Art, Struktur und Parameter enthält (Nr. 3 Anhang XV, Kapitel II). Die Richtlinie MDCG 2024-3 beschreibt ausführlich die notwendigen Inhalte des CIP.

Die klinische Prüfung muss dem „dem Stand von Wissenschaft und Technik“ entsprechen (Nr. 2.1 Anhang XV, Kapitel I). Die klinischen Methoden müssen für das Prüfprodukt geeignet sein (Nr. 2.2 Anhang XV, Kapitel I) und die technischen und funktionellen Merkmale des Prüfprodukts hinsichtlich Sicherheit und Leistung berücksichtigen (Nr. 2.5 Anhang XV, Kapitel I). Schließlich muss eine ausreichende Anzahl von Probanden einbezogen werden, um wissenschaftlich valide Ergebnisse zu erhalten. Daher muss der Sponsor die Stichprobengröße auf der Grundlage plausibler Erfolgskriterien berechnen. Außerdem muss die klinische Umgebung für die normalen Anwendungsbedingungen repräsentativ sein (Nr. 2.1 und 2.4 Anhang XV, Kapitel I). Die klinische Prüfung muss im Einklang mit dem CIP gemäß Nr. 1 (a) Anhang XIV, Teil A stehen.

Die EU-Kommission wird voraussichtlich die Kriterien für das Studiendesign genauer definieren, z.B. durch die Ausarbeitung gemeinsamer Spezifikationen (Art. 9). Wir empfehlen, dieses vor der Entwicklung des Studiendesigns zu prüfen.

Interaktion mit Prüfungsteilnehmern

Das Wohlergehen der Betroffenen ist für den europäischen Gesetzgeber von höchstem Interesse. Detaillierte Bestimmungen spiegeln dies wider:

  • Schutz vulnerabler Personengruppen (z. B. schwangere Frauen) und Probanden (Art. 64-68),
  • Einschränkungen für die Einwilligung von Probanden, die einen gesetzlichen Vertreter haben (z. B. Kinder),
  • Recht der Probanden auf körperliche und geistige Unversehrtheit, Privatsphäre und Schutz personenbezogener Daten sowie
  • Verhinderung unzulässiger Rekrutierungspraktiken.

Der Sponsor muss den Prüfungsteilnehmern Informationen zur Verfügung stellen, die „umfassend, knapp, klar, zweckdienlich und für den Prüfungsteilnehmer oder seinen gesetzlichen Vertreter verständlich“ (Art. 63 (2)) sind und Teil der Einwilligung nach Aufklärung sind. Um die Lesbarkeit zu gewährleisten, sollte das Formular zur Einwilligung nach Aufklärung eine angemessene Länge nicht überschreiten. Außerdem muss der Sponsor das Verständnis des Prüfungsteilnehmer durch ein Gespräch überprüfen (Art. 63 (5)).

Durchführung

Insgesamt ist die Durchführung klinischer Prüfungen in Art. 72 und Anhang XV, Kapitel III geregelt. Der Sponsor hat mehrere wichtige Aufgaben, die bereits oben beschrieben wurden. Im Wesentlichen muss der Sponsor die folgenden Punkte beachten:

  • kontinuierliche Einhaltung des CIP,
  • kontinuierliche Überwachung der Durchführung (im Einklang mit der guten klinischen Praxis),
  • sorgfältiger Umgang mit klinischen Daten (Sammlung, Speicherung, Bewertung, Schutz und Sicherheit) sowie
  • sorgfältiger Umgang mit Vigilanzdaten und Behandlung von Notfällen mittels eines festgelegten Verfahrens.

Sofern es beabsichtigt ist, Änderungen an einer klinischen Prüfung vorzunehmen, die wahrscheinlich wesentliche Auswirkungen auf die Sicherheit, die Gesundheit oder die Rechte der Probanden oder auf die Belastbarkeit oder Zuverlässigkeit der gewonnenen klinischen Daten haben, hat der Sponsor den/die Mitgliedstaat(en), in dem/denen eine klinische Prüfung durchgeführt wird oder werden soll zu benachrichtigen (vgl. Erläuterungen in MDCG 2021-28). 

Unerwünschte Ereignisse

In den Definitionen in Art. 2 wird zwischen „unerwünschtem Ereignis“ und „schwerwiegendem unerwünschtem Ereignis“ unterschieden. Die Merkmale für ein unerwünschtes Ereignis sind:

  • unerwünschtes medizinisches Vorkommnis,
  • eine unbeabsichtigte Krankheit oder Verletzung,
  • unerwünschte klinische Symptome (einschließlich abnormaler Laborbefunde), und
  • kein zwingender Zusammenhang mit dem Prüfprodukt.

Die Richtlinie MDCG 2020-10/1 erläutert im Detail die Sicherheitsberichterstattung bei klinischen Prüfungen mit Medizinprodukten. Die Richtlinie MDCG 2020-10/2 stellt ein Formular für die Zusammenfassung des Sicherheitsberichts einer klinischen Prüfung zur Verfügung.

Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse führen zu schwerwiegenden Folgen für das Leben oder die Gesundheit des Patienten. Der Sponsor muss schwerwiegende unerwünschte Ereignisse immer aufzeichnen und melden (Art. 80 (1-2)). Im Gegensatz zur ISO 14155 fordert die MDR, nur diejenigen unerwünschten Ereignisse aufzuzeichnen, die „im klinischen Prüfplan als entscheidend für die Bewertung der Ergebnisse dieser klinischen Prüfung bezeichnet wurden“ (Art. 80 (1)). Außerdem muss der Sponsor Produktmängel melden, die zu schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen führen können (Art. 80 (2)).

Grundsätzlich hängt die Meldefrist von der Schwere des unerwünschten Ereignisses ab (Art. 80 (2)). Treten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder Produktmängel bei einer klinischen Prüfung auf, die in mehreren Mitgliedstaaten durchgeführt wird, wird eine koordinierte Bewertung eingeleitet (Art. 80 (4)). Die Konsequenzen können von der Änderung über die Aussetzung bis hin zum Abbruch der klinischen Prüfung reichen.

Berichterstattung

In Nr. 7 Anhang XV Kapitel III ist die Struktur des klinischen Prüfberichts (clinical investigation report, CIR) detailliert festgelegt. Prüfen Sie noch einmal sorgfältig, welche Unterschiede zu den Vorgaben in Anhang D der ISO 14155 bestehen, wie z.B. die Angabe der UDI. Bislang hat die ISO 14155 den Herstellern nur empfohlen, sowohl die positiven als auch die negativen Ergebnisse der klinischen Prüfung zu veröffentlichen. Die ISO 14155 (Anhang D) verlangt jedoch nicht ausdrücklich die Aufnahme negativer Ergebnisse in das CIR. Die Forderung nach einer Zusammenfassung in „leicht verständlicher Sprache“ ist neu (vgl. Commission Guidance on the content and structure of the summary of the clinical investigation report). Der Sponsor muss die Zusammenfassung, wie den CIR, über EUDAMED einreichen (Art. 77 (5)).

Empfehlungen

  • Informieren Sie sich über die strafrechtlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten zu klinischen Prüfungen (z. B. im deutschen Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG)).
  • Informieren Sie sich über die Anforderungen seitens der zuständigen Behörden in den Mitgliedsstaaten (z. B. das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)).
  • Informieren Sie sich über gemeinsame Spezifikationen sowie delegierte und Durchführungsrechtsakte der Europäischen Kommission in Bezug auf klinische Prüfungen.
  • Informieren Sie sich über neue oder geänderte Veröffentlichungen der Medical Device Coordination Group (MDCG) der Europäischen Kommission. 
  • Bewerten Sie im Hinblick auf die neuen regulatorischen Anforderungen der MDR den Bedarf an klinischen Nachweisen für Ihre Produkte und entwickeln Sie eine geeignete Strategie.
  • Etablieren Sie die notwendigen Arbeitsabläufe und effizienten Strukturen, z. B. in Bezug auf die Erstellung und Aktualisierung von klinischen Bewertungen, Risikomanagement und Qualitätsmanagement, Vigilanz und Post-Market Surveillance (PMS) System.
  • Auf der Website von CONSORT (Consolidated Standards Of Reporting Trials) finden Sie weitere Informationen zur Berichterstattung. Eine weitere wertvolle Ressource ist die Website von STROBE (Strengthening the Reporting of Observational Studies in Epidemiology), die von der Universität Bern betrieben wird.

Klinische Prüfung von Medizinprodukten

VDE
25.05.2022 Online Webinar

Mehr erfahren

Anmeldung zum Newsletter

Hand eines Arztes mit modernem PC-Interface
everythingpossible / Fotolia
15.08.2023

Aktuelle Infos zu unseren Fachbeiträgen und Fachveranstaltungen zur Zulassung von Medizinprodukten und Software.

Jetzt registrieren!