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Multimodale Antriebssysteme in Theorie und Praxis
Intelligente Signalverarbeitung
Über den aktuellen Stand der Signalverarbeitung für mechatronische Systeme und das Internet der Dinge informierte die Teilnehmer Prof. Dr. Andreas Schütze vom Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik in Saarbrücken. Hier ging es um Themen wie Mustererkennung, Merkmalsextraktion und -selektion, Sensorfehlererkennung und -kompensation, Condition Monitoring, drahtlose Kommunikation und Energy Harvesting. Gerade für die Industrie 4.0 ist eine schnelle und zuverlässige Datenerfassung entscheidend.
Condition Monitoring
In diesem Themenblock wurden Diagnosemöglichkeiten für Maschinenelemente, einmal bei Wälzlager- und einmal bei Rollenkettenschäden, präsentiert.
In dem Beitrag „Fault Diagnosis for Rolling Bearings in Non-Stationary Operating Conditions Caused by Torsional Vibrations“ stellte Reza Golafshan, RWTH Aachen University, eine Studie über die Fehlerdiagnose von Wälzlagern unter zeitveränderlichen Bedingungen, insbesondere bei Torsionsschwingungen, vor. Torsionsschwingungen treten in vielen Bereichen auf, wie zum Beispiel in Windenergie- und Automobilanwendungen. Gemäß den in dieser Studie gezeigten Ergebnissen können Torsionsschwingungen eine Erhöhung der Komplexität bei der Interpretation von Diagnoseergebnissen in der Schwingungsanalyse mit sich bringen. Um diesem Problem zu begegnen, wurde ein neuartiger Ansatz basierend auf der Rekursiven Autokorrelationsanalyse (RAC) für Wälzlageranwendungen vorgeschlagen und validiert. Herr Golafshan präsentierte auch die Ergebnisse von numerischen und experimentellen Untersuchungen zum vorgeschlagenen Fehlerdiagnoseverfahren. Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass das vorgeschlagene Fehlerdiagnoseverfahren in der Lage ist, Fehler bei nicht stationären Betriebszuständen ohne einen zusätzlichen Drehzahlsensor zu diagnostizieren.
Der zweite Beitrag „Condition Monitoring of Roller Chains Based on Correlation Functions and Clustering“, vorgestellt von Thomas Kärcher, Universität Reutlingen, behandelte eine neue Methode zur Online-Zustandsüberwachung von Rollenketten auf der Grundlage von Motordrehmomentmessungen nach DIN ISO 606. In der vorgeschlagenen Fehlerdiagnose wurde das Verschleißverhalten von Rollenketten untersucht und bewertet. Im Gegensatz zu herkömmlichen Verfahren wurden jedoch keine zusätzlichen Beschleunigungssensoren zur Messung mit anschließender Interpretation von Frequenzspektren verwendet. Stattdessen wurde gezeigt, dass der Kettenzustand mittels eines leicht zu interpretierenden Ähnlichkeitsmaßes bewertet werden kann. Dieses Ähnlichkeitsmaß wurde aus Korrelationsfunktionen berechnet, die auf Basis des Antriebsmotormoments ermittelt wurden. Anhand dreier unterschiedlicher experimenteller Fallstudien, die von verschiedenen Rollenketten aufgenommen wurden, erläuterte Herr Kärcher seine Forschungsergebnisse unter Verwendung der clusterbasierten Ähnlichkeitsanalyse. Es wurde gezeigt, dass der Bereich extremen Verschleißes an den Rollenketten über den vorgeschlagenen Algorithmus richtig detektiert werden konnte.
High Speed Antriebe
Im Beitrag "New Rotor Concept for Sleeve-free High-speed Motors over 125,000 rpm" beschreibt Markus Schiefer, SciMo - Elektrische Hochleistungsantriebe, die Planungsschritte hin zu einem neuartigen High-Speed-Motor. Die Herausforderung dabei ist die Beherrschung von Rotorvibrationen und Resonanzen.
Mit der Auslegung eines hochtourigen Schwungradspeichers befasste sich Xing Li von der Technischen Universität Darmstadt. Die Materialfestigkeit sowie die zu speichernde Energiemenge bestimmen die Abmaße des Rotationskörpers.
Die Wicklung einer eisenlosen Hochdrehzahl-Axialflussmaschine für Schwungradspeicher stand im Fokus des Beitrags von Tobias Micklitz, Technische Universität Dresden. Vorgestellt wurde eine Zweischicht-Bruchlochwicklung mit einer Nutverschiebung gegeneinander, wodurch der Oberwellengehalt deutlich gesenkt wird. Als Träger kommt eine dafür entwickelte Keramikscheibe zum Einsatz.
Hybride Antriebe
Manuel Calero, Schaeffler Technologies, stellte eine 48-V-E-Achse vor, mit der mit überschaubarem Aufwand - vor allem im Vergleich zu HV-Antrieben - bereits Treibstoffeinsparungen von 15 % erreicht werden können.
Dass Kraftstoffeinsparungen von bis zu 18% realisiert werden können, zeigte Marco Eller vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) auf. Diese wurden durch Optimierung von Betriebsstrategien bei Schienenfahrzeugen mit Multihybridantrieben im Personennahverkehr erreicht. Untersucht wurden zwei Optimierungsvarianten für drei unterschiedliche Streckenverläufe.
Energieeffizienz
Die Beiträge dieses Themenfeldes boten einen beispielhaften Einblick in drei wichtige Anwendungsfelder: industrielle Mehrachsantriebssysteme, elektrische Antriebe für PKW und leistungsverzweigte Hybridantriebe für dieselelektrische Bahnen.
Bei Mehrachsantriebssystemen kann man den Energieverbrauch mit unterschiedlichen Maßnahmen optimieren: Durch Optimierung der Bahnsteuerung bzw. des Bewegungsprofils, durch Einsatz einer mechanischen Haltebremse im Stillstand, durch Optimierung des Gegengewichts bei Hublasten sowie durch Nutzung der Bremsenergie (Rückspeisung oder im Zwischenkreis).
Die Messung von Kennlinienfeldern von Traktionsantrieben unterschiedlicher Motortechnologien ist eine außergewöhnlich umfangreiche Aufgabe, weil eine Vielzahl von Betriebspunkten (Drehzahl, Drehmoment) mit möglichst konstanter Betriebstemperatur angefahren werden müssen. Zusätzlich sind die Betriebsparameter (Id und Iq-Ströme) im jeweiligen Betriebspunkt erst einmal durch Optimierungsrechnungen zu bestimmen, wobei das Modulationsverfahren (Feldorientierte Regelung, Grundfrequenztaktung usw.) zusätzlich eine wichtige Rolle spielt. Der Beitrag stellte dazu ein optimiertes Verfahren und den zugehörigen, voll automatisierten Versuchsaufbau vor.
Durch eine Leistungsverzweigung und Lastaufteilung zwischen der direkten mechanischen Verbindung der Verbrennungskraftmaschine und einem elektrischen Motor-Generator-Pfad kann man nicht nur in hybridelektrischen PKWs (z.B. Toyota Prius), sondern auch in dieselelektrischen Schienenfahrzeugen das Schaltgetriebe ersetzen und außerdem Energie sparen. Zusätzlich sieht das von Hendrik Hoffmann, RWTH Aachen University, vorgestellte Konzept Überbrückungskupplungen vor, um bei Bedarf rein batterieelektrisch fahren zu können.
Direktantriebe
Claude P. Weiss, RWTH Aachen University, präsentierte ein Konzept zur Segmentierung einer Drehfeldmaschine und die daraus entstehende Möglichkeit der Motormodularisierung. Ziel ist es, durch hocheffiziente Umrichter Torquemotoren im bevorzugten Drehzahlbereich bis 3000 Upm zur Verfügung zu stellen. Die Leistung kann von wenigen Kilowatt bis zu großen Leistungen ohne Baugrößenwechsel skaliert werden. Durch die Modularisierung, die hocheffiziente und kompakte Bauweise werden neue Schnittstellen für die Systemintegration von Elektromaschinen ermöglicht, die für viele Anwendungsbereiche neue Entwicklungsmöglichkeiten bietet.
Elektrische Antriebe
Ein analytisches Berechnungsmodell für eine Asynchronmaschine mit kombinierter Stern-Dreieck-Wicklung (Bild) stellte Christian Alteheld, Hochschule Düsseldorf, vor. Diese Wicklungsanordnung hat den Vorteil, dass trotz des Anschlusses an das übliche 3-Phasen-Netz sich in der Maschine 6 Phasen ausbilden. Das wiederum hat zur Folge, dass sich in Bezug auf Oberwellen im Luftspalt günstigere Verhältnisse einstellen als bei einer 3-Phasen Wicklung. Die Folge davon sind weniger Geräusche, idealeres Drehmoment, bessere Ausnutzung und besserer Wirkungsgrad. Ein Vergleich der Rechenergebnisse aus einem analytischen Ansatz mit multipler Ankerrückwirkung mit einer FEM-Berechnung ergab eine hervorragende Übereinstimmung für die Strom- /Drehmoment-Drehzahl-Kurven.
Die Zuverlässigkeit und die Fehlertoleranz eines elektrischen Antriebs für ein Luftfahrzeug (Hubschrauber) untersuchte Jörg Kammermann von der Technischen Universität München. Die elektrische Maschine ist eine mehrphasige permanenterregte Synchronmaschine. Bei unterschiedlicher Anzahl von Phasen wurden die verbleibende Leistung und die Drehmoment-Pulsationen bei Auftreten von einem oder mehreren Fehlern betrachtet und mit zulässigen Werten verglichen. Als Umrichter-Topologie kamen mit Blick auf Zuverlässigkeit und Verhalten im Fehlerfall ein oder mehrere Multilevel-Umrichter zum Einsatz. Unterschiedliche mit Multilevel-Umrichter und permanentmagneterregter Synchronmaschine darstellbare Antriebssystem wurden dann mit Hilfe statistischer Methoden (Markov-Modelle) hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit untersucht. Aus den hier bestehenden Anforderungen ergab sich als optimales Design eine permanentmagneterregte Synchronmaschine mit 9 galvanisch getrennten Phasen und konzentrierten Wicklungen sowie ein 17-Level-Umrichter mit kaskadierten H-Brücken (Bild).
Im Fokus des Beitrags von Stefan Schmülling, WILO, standen Antrieben mit Asynchronmaschinen. Der Anlass für die dargestellte Untersuchung waren Schwingungen an Spannungs-Zwischenkreisumrichtern mit geringer Speicherfähigkeit des Zwischenkreises und bei geringer Last. Die beobachteten Schwingungen stellen einen Energieaustausch zwischen rotierender Masse, den Induktivitäten in der Maschine und dem Zwischenkreiskondensator dar. Übliche Ursachen wie Luftspalt-Exzentrizität, Lagerfehler oder gebrochene Läuferstäbe konnten schnell ausgeschlossen werden ebenso wie die Totzeitkompensation im Umrichter. Mit unterschiedlichen Pumpenmotoren gleicher Leistung und gleicher Größe ergaben sich unterschiedliche Drehzahlbereiche, in denen die unerwünschten Schwingungen zu beobachten waren (Bild). Mit Hilfe von Rechenmodellen der Maschine und des Umrichters wurden Parametervariationen durchgeführt und die Schwingungsamplituden der Drehzahl berechnet. Als Haupt-Einflussgrößen stellten sich alle beteiligten Energiespeicher, nämlich die Hauptinduktivität, die Streuinduktivitäten von Ständer und Läufer, das Trägheitsmoment und die Kapazität des Zwischenkreiskondensators heraus. Aus den gewonnenen Ergebnissen können Auslegungs-Hinweise für Umrichterantriebe, insbesondere für den Motor, abgeleitet werden.
Winkel- und Wegmessungen können unter Ausnutzung des Tunnelmagnet-resitiven (TMR)-Effekts durchgeführt werden. Rolf Slatter, Sensitec, stellte die Grundlagen des Messprinzips dar, besonders dass der ausgenutzte Effekt nur mit den Mitteln der Quantenphysik erklärbar ist. Der elektrische Widerstand der zugrundeliegenden Anordnung kann mit Hilfe eines äußeren Magnetfeldes gezielt verändert werden. Anwendungen mit hohen Stückzahlen sind im Bereich der Schreib-/Leseköpfe für Festplatten zu finden. Nach einem Vergleich mit verwandten Technologien hinsichtlich messtechnisch relevanter Eigenschaften wurden Anwendungen des TMR-Effektes dargestellt. Es können sowohl inkrementale als auch absolute Winkelsensoren mit Auflösungen bis zu 17 bit realisiert werden. Bei Wegmesssystemen sind Auflösungen erreichbar, die im Mikrometer-Bereich liegen und mit den Kenngrößen hochwertiger optischer Messverfahren vergleichbar sind. Insbesondere die geringe Größe des Sensorkopfes macht das Messprinzip auch für Spezialanwendungen in der Antriebstechnik (Bild) interessant.
Tagungsband
ETG-Fb. 154: Antriebssysteme 2017
Beiträge der VDE/VDI-Tagung 22. – 23.11.2017 in Karlsruhe
2017, 100 Seiten, Slimlinebox, CD-Rom
ISBN 978-3-8007-4467-1
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Drive Systems 2017; 7th VDE/VDI Symposium
Die Mehrzahl der Tagungsbeiträge wurde auf Wunsch der Autoren einem Peer-Review-Verfahren unterworfen. Diese (englischsprachigen) Beitrage sind zusätzlich zum VDE-Verlag auch in IEEE Xplore Digital Library veröffentlicht worden.
Direkter Link: www.vde.com/antriebssysteme2017