Die Automobilindustrie befindet sich im Umbruch. Welche großen Herausforderungen sehen Sie?
Christian Senger: Elektromobilität und Digitalisierung sind die Taktgeber im Volkswagen Konzern. Und wir erhöhen das Tempo: Im Konzern werden wir bis 2024 rund 33 Milliarden Euro alleine für die Elektromobilität ausgeben, bis 2029 sind 26 Millionen E-Fahrzeuge für die Fertigung projektiert. Damit werden wir das größte und vielfältigste Elektroportfolio der Branche anbieten. Gleichzeitig verändert die Digitalisierung das Auto grundlegend. Unsere kommenden Modelle sind voll vernetzt, ihre Funktionalität lässt individuell konfigurieren und erweitern, die Fahrzeuge werden über Updates immer auf dem neuesten Stand gehalten. Vereinfacht gesagt: Das neue Ideal des Automobils ist ein elektrisch angetriebenes „Tablet on Wheels“.
Das Automobil als „Tablet on Wheels“: Welchen Stellenwert hat das Thema Software in Zukunft im Auto?
Christian Senger: Software spielt bereits heute eine Schlüsselrolle im Auto, und sie wird künftig noch wichtiger. Denn die Erwartungen der Menschen an das Auto verändern sich, hin zu immer mehr digitaler Performance und Individualisierung. Hinzu kommen neue Assistenzsysteme, die das Autofahren noch sicherer und komfortabler machen. Wir müssen die digitale Leistungsfähigkeit unserer Fahrzeuge also stetig steigern. Das ist eine fordernde Aufgabe, denn die Komplexität moderner Autos ist enorm. So hat ein moderner Volkswagen bereits heute zehnmal mehr Code-Zeilen als ein Smartphone, und dieser Umfang wird sich in den kommenden Jahren nochmals verdreifachen. Diese Komplexität müssen wir beherrschen.
Wie gehen Sie mit diesen Herausforderungen im Volkswagen Konzern um?
Christian Senger: Uns ist klar, dass unsere herausragenden industriellen Kompetenzen allein nicht ausreichen werden. Wir machen Software deshalb zu einer weiteren Kernkompetenz. Dazu bauen wir die Car.Software-Organisation im Konzern auf, eine eigene Geschäftseinheit, die sich ausschließlich auf Softwareentwicklung konzentriert. Bis 2025 werden dort mehr als 10.000 Experten zusammenarbeiten. Ihre Hauptaufgabe ist die Entwicklung einer einheitlichen Software-Plattform für alle Marken im Volkswagen Konzern.
Auf welchen Ansatz setzen Sie dabei konkret?
Christian Senger: So wie sich das Mobiltelefon zum Smartphone entwickelt hat, wird das Auto zum Smartcar. Dieser Logik folgen wir. Unsere Car.Software-Organisation entwickelt eine Software-Plattform für alle Marken und Märkte im Konzern. Im Wesentlichen sind das unser eigenes Fahrzeug-Betriebssystem VW.OS und die dazugehörige Volkswagen Automotive Cloud. Damit umfassen wir alle softwarebasierten Funktionen bis tief ins Fahrzeug hinein, vom Infotainment und Cockpit-Funktionen hin zu Assistenzsystemen und Fahrwerksmanagement. Hinzu kommen digitale Services und Mehrwertdienste für unsere Kunden, bis hin zu Systemen im Handel.