(Frankfurt a. M./Berlin, 06.12.2023) Mit der Roadmap Systemstabilität, die das Bundeskabinett heute beschlossen hat, stellt der Staat die Weichen für einen sicheren Umbau des Energiesystems. Konventionelle Kraftwerke sorgen automatisch dafür, dass Frequenz und Spannung in einem engen Toleranzband und möglichst konstant gehalten werden. Frequenz- oder Spannungsabweichungen bei Störungen im Stromnetz können so in Sekundenschnelle ausgeglichen werden. Erneuerbare-Energien-Anlagen sind dazu aktuell nicht in der Lage. Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (VDE FNN) hat daher schon frühzeitig darauf hingewiesen und darauf hingearbeitet, dass rechtzeitig Vorkehrungen getroffen werden müssen, wenn wir unsere Stromversorgung zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien umstellen wollen. Die Roadmap Systemstabilität des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zeigt hierfür den Fahrplan auf, den VDE FNN begrüßt.
Fähigkeiten von Großkraftwerken auf das neue Energiesystem übertragen
„Das gesamte Energiesystem verändert sich stark. Die Versorgung soll dabei so zuverlässig wie gehabt bleiben. Als technischer Regelsetzer für die Stromnetze arbeiten wir an den dafür notwendigen Anforderungen an Erzeugungsanlagen und Verbraucher sowie an den Netzbetrieb. Nach Abschaltung der Kraftwerke wird das System in Deutschland durch erneuerbare Erzeugungsanlagen geprägt. Dementsprechend müssen die Fähigkeiten, die bisher von Großkraftwerken erbracht werden, künftig durch die neuen Anlagen, wie Photovoltaik- und Windkraftanlagen oder Speicher übernommen werden“, sagt Dr. Joachim Kabs, Vorsitzender von VDE FNN. „Deshalb haben unsere Expertinnen und Experten von Anfang an die BMWK-Roadmap mitentwickelt.“
In Zukunft wird es nicht mehr ausreichen, dass neue Anlagen Strom produzieren, speichern oder beziehen: Jede Photovoltaik-, jede Windkraftanlage und jeder Speicher, die neu ans Netz gehen, müssen auch einen Beitrag zur Systemstabilität leisten. In den Technischen Anschlussregeln von VDE FNN werden hierfür Fähigkeiten definiert und wie diese nachgewiesen werden können.
Anforderungen für netzbildende Wechselrichter definieren
Dr. Dirk Biermann, stellvertretender Vorsitzender von VDE FNN: „Die neuen Anlagen sind mit Wechselrichtern an das System angeschlossen, also mit Leistungselektronik. Die Wechselrichter müssen so ausgeführt sein, dass sie netzbildend sind. Das ist wichtig, um die Spannung und die Frequenz stabil zu halten. Einer der Schwerpunkte für VDE FNN ist deshalb die Definition der technischen Anforderungen und Nachweise an netzbildende Wechselrichter.” Die Generatoren in den konventionellen Kraftwerken sind seit jeher netzbildend. Ihre Schwungmassen sorgen dafür, dass das System ausreichend träge auf Störungen reagiert und wieder in den sicheren Betriebszustand zurückkehren kann. Sie stellen wie selbstverständlich die Systemstabilität sicher. Die erneuerbaren Erzeugungsanlagen machen dies noch nicht.
“Wenn die Großkraftwerke wegfallen, müssen wir darüber reden, wie wir im zukünftigen System für ausreichend Stabilität sorgen. Wir begrüßen, dass das BMWK mit der Roadmap einen konkreten Fahrplan für die Systemstabilität mit 100 Prozent Erneuerbaren vorgelegt hat. Positiv ist ebenfalls, dass in der Roadmap Arbeitspakete definiert sind, was bis wann umgesetzt werden muss. VDE FNN und andere Akteure arbeiten bereits intensiv an der Umsetzung. Denn von 2025 an sollen alle neu angeschlossenen Anlagen im System stabilisierend wirken“, fügt Heike Kerber hinzu, Geschäftsführerin von VDE FNN.
Sicherer Systembetrieb: VDE FNN leistet Pionierarbeit
Systemstabilität ist einer von drei Aspekten für den sicheren Systembetrieb, für die VDE FNN derzeit Pionierarbeit leistet:
- Systembilanz, d. h. jederzeit das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch sicherstellen
- Netzsicherheit, d. h. Spannung und Betriebsmittelbelastungen innerhalb der zulässigen Grenzen halten
- Systemstabilität, d. h. das System kehrt bei auftretenden Störungen selbsttätig in den stabilen Zustand zurück. Im Fokus: Weiterentwicklung der netzbildenden Wechselrichter