Energiequelle Wind und Solar mit Stromleitungen Konzept
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17.10.2024 Pressemitteilung

Erneuerbare schnell integrieren: VDE zeigt, wo große Reserven im Stromnetz liegen

Das deutsche Stromnetz könnte bereits jetzt deutlich mehr Strom transportieren. VDE ETG empfiehlt, die vorhandene Netzsubstanz besser zu nutzen. Erneuerbare Energien ausbauen, ohne das Netz zu überfordern – die Höherauslastung von Betriebsmitteln verschafft kurzfristig Abhilfe.

(Frankfurt a. M., 17.10.2024) In einer neuen Studie zeigen Expertinnen und Experten der Energietechnischen Gesellschaft im VDE (VDE ETG), wo es im Stromnetz noch große Reserven gibt, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Sie geben Empfehlungen, wie durch eine temporäre höhere Auslastung von Betriebsmitteln im Strombestandsnetz Reserven für das Netzengpassmanagement genutzt werden können. Damit könnten die Stromnetze schnell an den Ausbau der erneuerbaren Energien angepasst werden, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Betrachtet wurden Betriebsmittel, die für die Übertragung von Strom besonders wichtig sind: Transformatoren, Freileitungen, Kabel, Schaltgeräte und Schaltanlagen. VDE ETG schätzt die zusätzliche Belastbarkeit je nach Betriebsmittel auf bis zu 60 Prozent.

Alte Technik, neue Energie

Der Fortschritt beim Netzausbau der letzten Jahre konnte nicht mit den Veränderungen auf der Erzeugungsseite Schritt halten. Immer häufiger gibt es stellenweise mehr Stromangebot als Abnehmer. Windräder müssen abgeschaltet werden und große PV- und Windparks können nicht ans Netz gehen, da die Netzkapazitäten fehlen. Außerdem kommt es im Netzbetrieb zu Engpässen, bei denen die Netzbetreiber kurzfristig eingreifen müssen.

„Die Kosten von Eingriffen in das Netz sind erheblich. Und Erzeugungsanlagen abzuschalten, sollte immer das letzte Mittel sein. Der Ausbau der erneuerbaren Energien darf aber die Stromnetze auch nicht überfordern. Wir schlagen daher vor, das Problem auf technischem Weg anzugehen. Die VDE ETG Task Force liefert hierzu praktisch umsetzbare Ansätze für eine moderne Betriebsführung, ohne die Materialgrenzen unzulässig zu überschreiten. Wir möchten die Betreiber und Planer ermutigen, die neuen Ansätze tatsächlich umzusetzen. Denn mit vergleichsweise einfachen Mitteln könnten Millionen Tonnen Kohlendioxid gespart werden“, fasst der Task Force Leiter Prof. Maik Koch von der Hochschule Magdeburg-Stendal zusammen.

Leistung einer Übertragungskette erhöhen

Da die momentane Situation mit Netzengpässen und einer schleppenden Umsetzung des Netzausbaus voraussichtlich noch viele Jahre andauern wird, hat die Task Force Höherauslastung von Betriebsmitteln im Netz der Energiewende genauer untersucht, wie die bestehenden Netzbetriebsmittel tatsächlich physikalisch belastet werden können. In der Studie wird dabei klar zwischen einer zulässigen Höherauslastung innerhalb der Materialgrenzen und einer unzulässigen Überlastung mit inakzeptablen Risiken für die Technik unterschieden.

Die Expertinnen und Experten berechneten bei Kabeln eine höhere Strombelastbarkeit von bis zu 60 Prozent, bei Transformatoren bis zu 50 Prozent. Leiterseile können demnach bis zu 58 Prozent mehr Belastung aushalten, wenn auf witterungsabhängigen Freileitungsbetrieb umgestellt wird. Dabei wird aus Wetterdaten dynamisch die aktuelle Strombelastbarkeit berechnet und an die Leittechnik übergeben. Bei Schaltanlagen wiederum liegt die zusätzliche Belastbarkeit bei 15 Prozent, was durch eine verbesserte Kühlung oder digitale Überwachung mit Sensoren erreicht werden kann.

Für einen flächendeckenden Einsatz von Maßnahmen zur Höherauslastung sind die Möglichkeiten an den konkreten Anlagen zu betrachten, aber noch weitere Fragen zu beantworten. Insbesondere das Zusammenspiel aus technischer Regelsetzung, den tatsächlichen physikalischen Möglichkeiten und rechtlichen Restriktionen aus Haftungsrisiken wäre fachbereichsübergreifend zu bearbeiten. Die erhöhte Auslastung kann sich außerdem auf die Fehlerhäufigkeit und Alterung auswirken. Die Task Force empfiehlt daher, beide Kenngrößen zu überwachen.

Die Studie von VDE ETG Höherauslastung von Betriebsmitteln im Netz der Energiewende steht hier zum Download zur Verfügung.

Über die Energietechnische Gesellschaft im VDE (VDE ETG) 

Die Energietechnische Gesellschaft im VDE (VDE ETG) steht für die Entwicklung der Energiesysteme in Deutschland. Sie bündelt die Fachkompetenz von der Erzeugung, Speicherung, Übertragung und Verteilung bis hin zu den vielfältigen Anwendungsfeldern elektrischer Energie und relevanter Querschnittstechnologien. Eingebunden in das fachübergreifende Netzwerk des VDE, ist die ETG eine über die Grenzen hinaus anerkannte und wahrgenommene technisch-wissenschaftliche Vereinigung. Die ehrenamtlichen Expertinnen und Experten schaffen eine gemeinsame Plattform für den Wissensaustausch in Wissenschaft und Wirtschaft, tragen zur Beschleunigung der Energietransformation und zum Verständnis für nachhaltige Energietechnik in der Gesellschaft bei und zeigen Handlungsfelder für die Politik auf. Die ETG verbindet Menschen, Generationen, Start-ups und etablierte Institutionen, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft mit Leistung und Energie. 

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