(Frankfurt a.M./Berlin, 17.06.2024) Der Druck, die Energiewende zügig voranzubringen, ist groß und gleichzeitig bleibt an vielen Stellen die Frage offen, wie genau sie umgesetzt werden kann. VDE FNN reagiert auf diesen Bedarf und überarbeitet derzeit die Technischen Anschlussregeln (TAR) für Erzeugungs- und Verbrauchsanlagen sowie Speicher mit Fokus auf die Niederspannung. Praktische Umsetzungshilfen ergänzen die Regeln, damit neue Vorgaben für den Netzanschluss einfacher und vor allem schneller in der Praxis ankommen.
Dr. Joachim Kabs, Vorstandsvorsitzender VDE FNN und Mitglied in der Geschäftsführung der Bayernwerk Netz GmbH, stellt fest: „Die Energiewende führt auf allen Netzebenen zu großen Veränderungen. Besonders in den Verteilnetzen, wo bei Endkunden Millionen dezentrale Erzeuger, Speicher und durch Elektrifizierung bei der Wärme- und Mobilitätswende neue Verbraucher zu integrieren sind, brauchen wir mehr Klarheit – zum Netzanschluss wie auch zu der künftigen Rolle und den steuerbaren Fähigkeiten der Kundenanlagen, um die Systemstabilität aufrechtzuerhalten. Deshalb sind die TAR von VDE FNN so entscheidend für den Erfolg der Energiewende und die Versorgungssicherheit. Wir sind bereits mitten in der Veränderung. Damit wir sicher und zügig am Ziel ankommen, müssen wir auf allen Ebenen anpacken.“ Die überarbeiteten VDE Anwendungsregeln gehen in Kürze in die Konsultation und sollen 2025 in Kraft treten.
Lösung 1: Schneller anschließen – auch bei nicht ausreichender Netzkapazität
Bislang musste eine anzuschließende PV-Anlage den Großteil ihrer Erzeugungsleistung in das Netz einspeisen können. Mit der Novellierung der VDE-Anwendungsregel Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz vergrößert VDE FNN den Spielraum für Kunden: Künftig können – dank der Einspeiseüberwachung – auch Anlagen angeschlossen werden, wenn sie aufgrund fehlender Kapazitäten temporär oder dauerhaft nur einen geringen Teil oder gar nicht ins Netz einspeisen. Erzeugt eine PV-Anlage mehr Leistung, wird diese für den Eigenbedarf genutzt oder entsprechend gedimmt. „Endkunden können so auch bei eventuell nicht ausreichender Netzkapazität die Kosten für ihren Energiebedarf senken und stärker an der Energiewende mitwirken“, erklärt Dr. Joachim Kabs.
Lösung 2: Weniger Bürokratie – Anlagen bis 500 kW ohne Zertifikat ans Netz bringen
Erzeugungsanlagen und Speicher zwischen 135 kW und 500 kW installierter Leistung werden sowohl in der Niederspannung als auch in der Mittelspannung angeschlossen. Diese Anlagen können mit der Novellierung der NELEV (Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung) im Rahmen des Solarpaket I seit Mitte Mai nach einem vereinfachten Nachweisverfahren ans Netz angeschlossen werden. Es orientiert sich am heute üblichen Nachweisverfahren für kleine Anlagen in der Niederspannung. Damit entfällt das Anlagenzertifikat und der Konformitätsnachweis. Das Nachweisverfahren wird die neue VDE-Anwendungsregel Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz konkretisieren. Bislang mussten für diese Erzeugungsanlagen – egal auf welcher Spannungsebene angeschlossen – die elektrotechnischen Eigenschaften nach der TAR Mittelspannung nachgewiesen werden.
Zusätzlich zur Anwendungsregel hat VDE FNN bereits im März eine Umsetzungshilfe zu den geänderten Verordnungen NELEV und EAAV (Energieanlagen-Anforderungen-Verordnung) veröffentlicht und damit die grundsätzlichen Rahmenbedingungen eingeordnet. Die Umsetzungshilfe stellt Anforderungen und Nachweise übersichtlich dar, beschreibt das Zertifizierungsverfahren und gibt Hinweise zum Vorgehen in der Übergangszeit sowie Praxis-Beispiele.
Lösung 3: Prozesse für Netzanschlussbegehren vereinheitlichen
Bundesweit gibt es rund 900 Verteilnetzbetreiber, die die Netzanschlussbegehren und Netzanschlüsse in ihrem Gebiet organisieren. Ab 1. Januar 2025 sollen Anschlussbegehren bundesweit vereinheitlicht und digitalisiert werden. VDE FNN stellt dafür ein standardisiertes Daten-Set zur Verfügung, das die für die Antragstellung notwendigen Daten, etwa zu Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen, beschreibt. Dieses Set ist Grundlage für alle Verteilnetzbetreiber zum Aufbau ihrer Webportale. Auf Basis standardisierter Informationen lassen sich so künftig Anträge zügiger und digital bearbeiten.