(Frankfurt a. M., 21.06.2023) Rund 20.000 Stellen für Elektroingenieur*innen sind 2022 laut VDE Report zum Arbeitsmarkt offen, die Zahl der Studienanfänger*innen in der Elektro- und Informationstechnik sinkt seit neun Jahren, und das Image, das junge Menschen von der E-Technik haben, ist überholt. Mit seinem neuen Positionspapier „Nachwuchsmangel in der Elektro- und Informationstechnik? - Wir packen es an! - “ stellt der VDE in den Vordergrund, dass die aktuelle Notlage auch zur Chance werden kann, Dinge neu zu denken. Dr. Michael Schanz, Leiter des VDE Fachausschusses Studium, Beruf und Gesellschaft, erklärt: „Deutschland will Weltklasse-Produkte entwickeln und die Zukunft gestalten. Junge Menschen wollen das Klima schützen und die Welt besser machen – das geht, und die E-Technik ist die technologische Basis dafür.“ Um dem Ziel näher zu kommen, wieder mehr Jugendliche für die Disziplin zu begeistern, brauche es nicht in erster Linie Fördergelder, sondern ein stringentes Konzept, das bundesweit umsetzbar sein müsse. "Nachwuchs ist die wesentliche Voraussetzung für die Sicherung und Weiterentwicklung unserer Innovationskraft in Europa: Innovation is People!", sagt Dr.-Ing. Martin Hieber, CTO im VDE.
Schon in der Grundschule kann Elektro- und Informationstechnik begeistern
In den einzelnen Bundesländern gibt es viele Projekte, die eine Brücke bauen zwischen Schule und E-Technik – gesprochen wird darüber aber immer nur in der jeweiligen Stadt oder Region. Das VDE Positionspapier zeigt erfolgreiche Beispiele auf, unter anderem eine Kooperation der RWTH Aachen mit Grundschulen in Nordrhein-Westfalen. Federführend für die Initiative des Papiers ist Dr. Damian Dudek – neuer Geschäftsführer der VDE Fachgesellschaft ITG (Informationstechnische Gesellschaft) und zuvor am Lehrstuhl für elektronische Bauelemente an der RWTH Aachen tätig: „Wir haben Kinder in der dritten Klasse E-Motoren bauen lassen – alle haben es geschafft und waren mit Feuereifer dabei. Spielend war der Elektromagnetismus verstanden, und nebenbei wurde Problemlösungskompetenz und Teamwork gelernt.“ In einem anderen Projekt haben Studierende der Hochschule Reutlingen die Mittelstufe an Gymnasien in der Region unterstützt, ein benotetes Wahlpflichtangebot zum Thema Embedded Systems einzurichten und durchzuführen. Solche Projekte müssen den Autoren des VDE Positionspapier zufolge als Vorbilder genutzt werden, um bundesweit Strukturen und Methoden zur Vermittlung elektrotechnischer Inhalte aufzubauen. „Da sprechen wir über das Enabling von Lehrer*innen, über Lehrpläne, über die Vernetzung von Schule und weiterbildenden Institutionen – und am Ende auch über Fördergelder, aber eben erst am Ende“, so Dudek. Zudem sei es wichtig, in die Gestaltung auch die jüngere Generation einzubeziehen und gemeinsam Anreize zu setzen.
Game Changer Imagewandel: E-Technik braucht Role Models
Damit jungen Menschen klar wird, was Elektrotechnik und Informationstechnik bewegen können, müssen Inhalte klarer vermittelt werden. Die Aktivitäten und die Themenvielfalt der Elektrotechnik und Informationstechnik, so die Autoren des Papiers, könnten zum „Inbegriff der zukünftigen Fridays for Future-Bewegung werden, da technische Systeme mit dem Potenzial einer Reduzierung von Klimafolgen oder Verringerung des Einflusses auf das Klima, nicht selten auf elektronischen und elektrischen Systemen des Alltages“ basieren. Role Models können als Wegweiser fungieren, um Orientierung in der Berufsauswahl zu geben, Referenzen für einen möglichen Lebenslauf sein und die Begeisterung für technische Sachverhalte und deren Implikationen für die Gesellschaft vermitteln.
Dudek resümiert: „Wir wollen mit unserem Papier dazu beitragen, dass ein mehrstufiger Aktionsplan entsteht, der Grundschulen, weiterführende Schulen und Universitäten besser vernetzt und auf allen Ebenen Instrumente schafft, E-Technik attraktiv zu vermitteln. Dazu werden wir einen Strategiekreis mit Industrie, Schulen und Universitäten einrichten, der an das Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie die Bundesländer ein Konzept heranträgt – und das schnellstmöglich.“