Kraftwerk Neumünster_Bild1
2016 Norbert Gilson
19.03.2021

Kraftwerk Neumünster

Bismarckstraße 26, 24534 Neumünster 

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VDE Ausschuss Geschichte der Elektrotechnik
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Die Geschichte des Kraftwerksstandortes in Neumünster zeigt die Wandlungen der Kraftwerkstechnik vom Torf- über das reine Steinkohle- bis zum Heizkraftwerk und dokumentiert das Fortbestehen einer städtischen Eigenerzeugung elektrischer Energie in einer großen Mittelstadt.

Beschreibung


erbaut: seit 1899 / mehrere Aus- und Umbauten

Die Stromversorgung in der seit 1901 kreisfreien Stadt Neumünster begann 1899 in Regie der Baltischen AG Licht-, Kraft- und Wasserwerke Neumünster. Größere Stromverbraucher waren die in der Stadt ansässigen Betriebe der Textil- und Lederindustrie. 1910 begann die Baltische AG mit dem Aufbau eines Überlandnetzes, um auch die landwirtschaftlichen Betriebe in der Umgebung von Neumünster an die Stromversorgung anzuschließen. Aufgrund der nur geringen Ausdehnung des gesamten Stromversorgungsnetzes mit einer Gesamtleitungslänge von 150 km und 118 Transformatorenstationen war eine Betriebsspannung von 3.000 V ausreichend.

Erst zu Beginn der 1920er Jahre erfolgte ein größerer Ausbau des Kraftwerks in Neumünster durch die nun Städtischen Kraft-, Wasser- und Verkehrswerke Neumünster. 1924 waren mehrere Turbogeneratoren mit einer Gesamtleistung von 10.000 kW installiert. Der Brennstoff für das Kraftwerk kam zum größten Teil aus der im Kreis Segeberg südlich von Neumünster gelegenen Torfgewinnungsanlage Hasenmoor, die sich im Besitz der Stadt Neumünster befand. Von der im Jahre 1923 insgesamt erzeugten elektrischen Energie von 10 Mio. kWh wurde knapp die Hälfte - 4,5 Mio. kWh - an die Schleswig-Holsteinische Stromversorgungs-Aktiengesellschaft (Schleswag) geliefert. Die Verbindung zur Schleswag erfolgte über eine 15-kV-Freileitung von dem rund 8 km südöstlich von Neumünster gelegenen 3/15-kV-Umspannwerk Arpsdorf aus.

Nachdem die Städte Kiel, Flensburg und Neumünster 1925 unter Beteiligung der Schleswag die  Vereinigte Großkraftwerke Schleswig-Holstein AG gegründet hatten, schlossen sich die Versorgungsbetriebe der drei Städte 1928 zu einer Betriebsgemeinschaft zusammen, um eine möglichst wirtschaftliche Ausnutzung ihrer Anlagen zu erzielen. Während das Kraftwerk Kiel-Wik mit 30.000 kW installierter Leistung nun als Grundlastkraftwerk fungierte, dienten das Kraftwerk in Flensburg mit 16.000 kW als Spitzenkraftwerk und das in Neumünster als Spitzen- und Reservekraftwerk. Die Anlage in Neumünster wurde zu Zeiten geringer Belastung ganz stillgelegt.

Wie die anderen großen schleswig-holsteinischen Städte Flensburg, Kiel und Lübeck verfügt auch Neumünster seit Ende des Zweiten Weltkriegs weiterhin über eine eigene Stromerzeugung, heute in Regie der SWN Stadtwerke Neumünster. Das Kraftwerk von Neumünster wurde bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zum Heizkraftwerk, ausgestattet mit vier Kohlekesseln, umgerüstet. Das Fernwärmenetz wird energiesparend statt mit Dampf mit Heißwasser betrieben. 2005 wurde einer der Kohlekessel durch den Neubau einer »Thermischen Ersatzbrennstoff-Verwertungsanlage (TEV)« mit Wirbelschichtfeuerung ersetzt. In dieser wird der aus einer Mechanisch-Biologischen Abfall-Behandlungsanlage, einer der größten ihrer Art in der Bundesrepublik, kommende Restmüll, rund 150.000 t pro Jahr, zur Strom- und Fernwärmeerzeugung verbrannt.
 
Informationsstand: 09.08.2017
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Heizkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Schleswig-Holsteinische Stromversorgungs-Aktiengesellschaft; Neumünster; Baltische AG Licht-, Kraft- und Wasserwerke Neumünster; Überlandnetz; Städtische Kraft-, Wasser- und Verkehrswerke Neumünster; Torfgewinnungsanlage; Hasenmoor; Schleswag; Umspannwerk Arpsdorf; Vereinigte Großkraftwerke Schleswig-Holstein AG; Betriebsgemeinschaft; Grundlastkraftwerk; Kraftwerk Kiel-Wik; Spitzenkraftwerk; Reservekraftwerk; Heizkraftwerk; Fernwärmenetz; Thermische Ersatzbrennstoff-Verwertungsanlage; TEV; Wirbelschichtfeuerung; Mechanisch-Biologische Abfall-Behandlungsanlage; SWN Stadtwerke Neumünster

Quelle(n)

  • Georg Scheehl, Die Elektrizitätsversorgung Schleswig-Holsteins und West-Mecklenburgs; in: Elektrotechnische Zeitschrift 45(1924), Heft 29, S. 771-774
  • Hans G. Schweppenhäuser, Die Elektrizitätswirtschaft in der Provinz Schleswig-Holstein; in: Elektrotechnische Zeitschrift 55(1934), Heft 28, S. 693-695
  • www.stadtwerke-neumuenster.de/fileadmin/swn.net/media/unternehmen/presse/swn-kurzportrait/S WNFirmenportrait2016A4Web.pdf (abgerufen am 28.07.2017)

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