Beschreibung
erbaut: 1943-45 / 1956-63, 1970-74
Unter dem Namen »Kraftwerk Berzdorf« wurde 1943 südlich von Görlitz mit dem Bau eines Hochdruckkraftwerks begonnen, das bis Kriegsende jedoch nicht fertig gestellt wurde. Lediglich ein Rohbau ohne Schornsteine, ein Kohlebunker und ein Kühlturm kamen zur Ausführung.
Wegen Material- und Kapitalmangels war nach Gründung der DDR an einen Weiterbau zunächst nicht zu denken. Erst 1956 wurden die Arbeiten wieder aufgenommen und im August 1958 konnte der erste von vier 75 MW-Blöcken in Betrieb genommen werden. Mit Inbetriebnahme von Block 4 erreichte das Kraftwerk Berzdorf I im Juni 1960 seine volle Leistung. Bereits gut drei Jahre später, im November 1963, war auch das Kraftwerk II fertig gestellt und ging mit zwei 100 MW-Blöcken ans Netz. Es erfolgte die Umbenennung in VEB Kraftwerke »Völkerfreundschaft« Hagenwerder. Wegen der geographischen Lage des Kraftwerks direkt an der Neiße und damit an der Grenze zur damaligen Volksrepublik Polen hatte dieser Name eine besondere ideologische Bedeutung.
Im Oktober 1970 erfolgte die Grundsteinlegung für Werk III, das mit zwei 500 MW-Blöcken ausgestattet wurde. Der erste Block nahm im Juni 1974 seinen Betrieb auf. Nach der politischen Wende 1989 ging der Energiebedarf drastisch zurück. Die erhebliche Umweltbelastung, die die ohne Filteranlagen ausgestatteten alten Kraftwerksblöcke verursachten, waren ein weiteres Argumente für die Stilllegung des nun zur Vereinigten Energiewerke Aktiengesellschaft (VEAG) gehörenden Kraftwerks Hagenwerder l zum 1. Oktober 1991. Mitte 1996 wurde auch Hagenwerder II abgeschaltet und ein Jahr später ging Werk III außer Betrieb. Anschließend wurden die Anlagen bis auf wenige Reste abgerissen oder gesprengt.
Fotos von den drei Kraftwerksteilen und vom Abriss findet man unter dem unten angegebenen Link.
Die Versorgung des Kraftwerksstandortes mit Braunkohle erfolgte aus dem Tagebau Berzdorf. Hier wurde bereits seit 1835, damals im Tiefbaubetrieb, Braunkohle gefördert. Zwar wurde 1919 ein Tagebaubetrieb aufgeschlossen, der jedoch 1927 aus Gründen der Rentabilität wieder aufgegeben wurde. Parallel zum Aufbau des Kraftwerks erfolgte seit Mitte der 1950er Jahre der Neuaufschluss. Mit dem fortschreitenden Ausbau der Kraftwerksblöcke entwickelte sich der Betrieb zum Großtagebau. Die Zugförderung wurde in den 1970er Jahren auf Bandbetrieb umgestellt. Während des Förderhöhepunkts in den 1980er Jahren beschäftigte der Tagebau rund 7.000 Arbeitskräfte. Bei der Stilllegung des Betriebes 1997 verblieb noch eine förderbare Restmenge von 60 Mio. t Braunkohle.
Anschließend wurde die ehemalige Grube in ein Naherholungsgebiet umgestaltet. Die im Jahr 2002 mit der Flutung des Tagebaulochs mit Wasser aus der Pließnitz begonnene Umwandlung in einen See, den Berzdorfer See, konnte Anfang 2013 abgeschlossen werden. Ein am Rande des Sees als Technisches Denkmal aufgestellter Schaufelradbagger erinnert noch an den ehemaligen Braunkohlenbergbau.
Informationsstand: 31.12.2013
Schlagworte: Braunkohlenbergbau; Energy; Energie; Stromerzeugung
Stichworte: Kraftwerk Berzdorf; Hochdruckkraftwerk; VEB Kraftwerke »Völkerfreundschaft« Hagenwerder; Kraftwerk Hagenwerder; Umweltbelastung; Vereinigte Energiewerke AG; VEAG; Braunkohle; Tagebau Berzdorf; Tiefbaubetrieb; Tagebaubetrieb; Großtagebau; Zugförderung; Bandbetrieb; Berzdorfer See; Schaufelradbagger
Quelle(n)
- Christian Bedeschinski, Ein-Blicke. Industriekultur im Osten Deutschlands, Berlin 1995