Der in den 1890er Jahren für die Union Elektricitäts-Gesellschaft AG in Berlin-Moabit errichtete Gebäudekomplex erinnert an den rasanten Aufstieg der Elektroindustrie im Jahrzehnt vor der Wende zum 20. Jahrhundert, der 1902 in einer »Bereinigungskrise« mündete. Auch die Union verlor in dieser Krise ihre Selbständigkeit und ging damals in der AEG auf.
Beschreibung
erbaut: 1896-97 / 1899-1900
Architekten: Theodor Rönn / Franz Stasche
Die Union Elektricitäts-Gesellschaft AG (UEG) war 1892 von der amerikanischen, in Boston ansässigen Thomson-Houston International Electric Co. gegründet worden, die im gleichen Jahr mit der Edison Electric Co. zur General Electric Co. (GE) fusionierte. Beteiligt an der Gründung der UEG waren auch die beiden deutschen Unternehmen Ludw. Loewe & Co. und Thyssen & Co.
Nach Plänen von Franz Stasche wurde an der Wende zum 20. Jahrhundert für die UEG ein viergeschossiges Verwaltungsgebäude errichtet. Stasche wählte den Stil der märkischen Backsteingotik, um dem Bau ein repräsentatives Erscheinungsbild zu verleihen (Fotos 1 bis 4). Außer den Direktionsräumen war hier die Konstruktionsabteilung untergebracht.
Eine im rückwärtigen Teil des Betriebsgeländes an der Huttenstraße gelegene, bereits in den Jahren 1896/97 nach Entwurf von Theodor Rönn errichtete Montagehalle wurde Ende der 1980er Jahre weitgehend abgerissen, so dass nur noch der südliche Flügel erhalten blieb. Foto 5 zeigt den linken der beiden die Halle flankierenden dreigeschossigen Büroflügel, rechts anschließend ist ein Teil des Segmentbogengiebels sichtbar, der das Mittelschiff der Halle abschließt.
Die UEG war zunächst auf dem Gebiet des Baus elektrischer Straßenbahnen, Kranen, Grubenlokomotiven und anderer Maschinen tätig. Das Unternehmen stieg dann kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert auch in das »Gründungsgeschäft« ein, das Planung, Entwurf und Bau neuer Elektrizitätswerke umfasste. Die UEG nahm damit auch den Bau der dafür erforderlichen maschinellen und apparativen Einrichtungen auf.
In der »Bereinigungskrise« der deutschen Elektroindustrie zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnte die UEG ihre Selbständigkeit nicht bewahren. Auf Initiative von Isidor Loewe, Chef der Ludw. Loewe & Co., der mit Emil Rathenau befreundet war, kamen 1902 Gespräche über eine Fusion zustande, die 1903 zunächst in der Gründung einer Interessengemeinschaft mit der AEG mündeten. In umfangreichen Verhandlungen, die Emil Rathenau im Herbst 1903 in den Vereinigten Staaten mit GE und Thomson-Houston führte, konnten zwischen den Unternehmen wichtige Verträge über den gegenseitigen Austausch von Patenten und Erfahrungen geschlossen werden. Sie waren Grundlage dafür, dass im Februar 1904 die komplette Übernahme der UEG durch die AEG vollzogen werden konnte.
Die baulichen Anlagen auf dem Werksgelände wurden in den folgenden Jahren von der AEG erweitert, die nun hier ihre Turbinenfabrik ansiedelte.
Informationsstand: 31.12.2014
Schlagworte: Elektroindustrie; Geschichte der Elektro- und Informationstechnik; Energie
Stichworte: Union Elektricitäts-Gesellschaft AG; UEG; Franz Stasche; Thomson-Houston International Electric Co; Edison Electric Co; General Electric Co.; GE; Ludw. Loewe & Co.; Thyssen & Co; märkische Backsteingotik; Theodor Rönn; Montagehalle; elektrische Straßenbahn; elektrische Kranen; elektrische Grubenlokomotiven; Gründungsgeschäft; Planung, Entwurf, Bau neuer Elektrizitätswerke; Bereinigungskrise; Isidor Loewe; Emil Rathenau; Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft; AEG; Turbinenfabrik
Quelle(n)
- Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 2. Neue Länder - Berlin, Stuttgart 1998
- Peter Strunk, Die AEG. Aufstieg und Niedergang einer Industrielegende, 2. Aufl., Berlin 2000
- Werner Hildebrandt / Peter Lemburg / Jörg Wewel: Historische Bauwerke der Berliner Industrie, Berlin 1988
- Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, Denkmaldatenbank, Eintrag 09050365,T