Die Fabrikanlage in der Berliner Bülowstraße dokumentiert die Aufschwungphase der Actiengesellschaft Mix & Genest, Telephon-, Telegraphen- und Blitzableiter-Fabrik, die später zu einem der bedeutendsten Unternehmen der Fernmelde- und Nachrichtentechnik werden sollte.
Beschreibung
erbaut: 1893-94 / 1897, 1907 (Erweiterungen)
Architekten: A. Haseloff, Carl Kurz
Das Unternehmen wurde zum 1. Oktober 1879 unter dem Namen Mix & Genest, Telegraphenbau-Anstalt und Telegraphendraht-Fabrik als offene Handelsgesellschaft in Berlin gegründet. Initiator von der technischen Seite war der Ingenieur Werner Genest (1850-1920), der an der Berliner Gewerbeakademie Maschinebau studiert hatte und anschließend in die Dienste der Königlich Preußischen Eisenbahn getreten war. Zweiter Gründer war der Kaufmann Wilhelm Mix (1841-1906).
Die Produktion der jungen Firma erstreckte sich zunächst auf Haustelegrafiegeräte und Telefone, die seit Einführung des öffentlichen Fernsprechverkehrs 1881 zunehmend nachgefragt wurden. Hier brachte die Firma zahlreiche Verbesserungen der Apparate und Erfindungen auf den Weg. So geht beispielsweise die Einführung des »Doppeltelefons« mit getrennter Hör- und Sprechkapsel auf Mix & Genest zruück. Parallel zu einer ersten Erweiterung des Unternehmens erfolgte die Umbenennung in Telegraphenbau-Anstalt, Telephon- und Blitzableiterfabrik Mix & Genest.
Infolge des weiteren Wachstums und des Aufbaus mehrerer Zweigwerke war die Firma zu Beginn der 1890er Jahre auf vier Produktionsstandorte in Berlin verteilt. Im April 1889 war das Unternehmen durch Entschluss von Werner Genest, inzwischen Alleinbesitzer, in die Actiengesellschaft Mix & Genest, Telephon-, Telegraphen- und Blitzableiter-Fabrik umgewandelt worden. Auf einem eigenen Grundstück an der Bülowstraße in Berlin wurde nun ein neues, vierstöckiges Fabrikgebäude für rund 1.000 Beschäftigte errichtet, das im Januar 1895 eingeweiht werden konnte. Nach den Erweiterungen bestand die Fabrikanlage aus zwei, durch einen Verbindungstrakt miteinander verbundenen, parallelen Gebäuderiegeln.
Der Maschinenpark des neuen Werks bestand aus 250 Werkzeugmaschinen, die über Transmissionen von einer 100 PS-Dampfmaschine angetrieben wurden. Auf Initiative des Chefingenieurs Carl Beckmann wurde 1900 die Entwicklung und Produktion von Rohrpostanlagen aufgenommen. Nach diesem System entstanden die städtischen Rohrpostnetze in Frankfurt am Main, Bremen, Mailand, Rom und Neapel.
Innerhalb von zehn Jahren waren die Fabrikationsstätten in der Bülowstraße wieder zu klein geworden. Daher entstand 1905 in Schöneberg am damaligen S-Bahnhof Papestraße ein neues großes Gebäude, in dem alle Verwaltungs-, Entwicklung- und Fertigungsstätten konzentriert wurden.
Die ehemalige Fabrikanlage fungiert heute als »Gewerbehof Bülowbogen«. Die beiden Fotos 5 und 6 zeigen die Einfahrt zum ehemaligen Fabrikgelände von den Bauten der Bülowstraße 66 aus, die jedoch mit der Fabrik nicht in Zusammenhang stehen.
Informationsstand: 31.12.2014
Schlagworte: Elektroindustrie; Nachrichtengerätebau; Geschichte der Elektro- und Informationstechnik; Informations- und Kommunikationstechnik (IKT); Nachrichten- und Kommunikationstechnik
Stichworte: Mix & Genest; Werner Genest; Wilhelm Mix; A. Haseloff; Carl Kurz; Rohrpostanlage; Doppeltelefon; Mix; Genest; Carl Beckmann; Gewerbehof Bülowbogen
Quelle(n)
- Mix & Genest, Abteilung der Standard-Elektrizitäts-Gesellschaft AG (Hrsg.), 75 Jahre Mix & Genest. 1879 - 1954, Stuggart [1954]
- Landesdenkmalamt Berlin, Denkmalliste Berlin (Stand: 16.04.2013), Nr. 09066416