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05.03.2021

Wasserkraftwerk Töging

Auenstraße 10, 84513 Töging a. Inn 

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VDE Ausschuss Geschichte der Elektrotechnik

Das von 1919 bis 1924 als Kanalkraftwerk errichtete Wasserkraftwerk Töging gehörte bei seiner Inbetriebnahme zu den größten Wasserkraftanlagen Europas und steht für die damalige Bedeutung der Aluminiumproduktion, die in unmittelbarer Nachbarschaft des Kraftwerks im Oktober 1924 aufgenommen wurde. 

Beschreibung


erbaut: 1919-24
Bauherr: Innwerk, Bayerische Aluminium AG

Der erste Spatenstich für das älteste und architektonisch wohl wertvollste Kraftwerk am Inn erfolgte 1919. Das im Stadtgebiet von Töging, nahe der Stadt Mühldorf am Inn in Oberbayern errichtete Kraftwerk sollte die in der Nachbarschaft geplante Aluminiumhütte mit Strom versorgen. Die Anlage wurde als Kanalkraftwerk konzipiert, weil die Anlage eines Kanals am Standort Töging eine Fallhöhe von rund 30 m ermöglichte, die für einen wirkungsvollen Einsatz der damals zur Verfügung stehenden Francis-Turbinen erforderlich war. Das Kraftwerk besteht aus einem Wasserschloss, 15 Druckrohren und dem Krafthaus. Zusammen mit der Kraftwerksanlage wurden Wehranlage und Einlaufbauwerk im 20 km entfernten Jettenbach, der von dort ausgehende Oberwasserkanal sowie ein 2,8 km langer Unterwasserkanal angelegt. Das durch den Kanal geführte Wasser wurde im Wasserschloss auf die 15 Druckrohre der zum Kraftwerk führenden Rohrbahn verteilt.

Die Stauanlage Jettenbach staut den Inn 8 km zurück, bis zur Faulbachmündung 1 km unterhalb Gars. Das Staugebiet wird größtenteils durch natürliche Flussufer aus Moränenschotter begrenzt, nur im unteren Teil mussten die Staudämme Fraham und Jettenbach geschüttet und ein Pumpwerk gebaut werden. Das Wehr ist auf eine Durchflussmenge von rund 4.000 m³/s ausgelegt. Die höchste bisher erreichte Wassermenge im Jahr 2005 betrug 2.940 m³/s. Der 20 km lange Oberwasserkanal beginnt mit einem 300 m langen und 125 m breiten Absetzbecken, in dem sich bei Verringerung der Fließgeschwindigkeit das mitgeführte Material ablagern sollte. Zur Erhöhung der Dichtigkeit und Verminderung der Rauhigkeit wurde der Kanal, der sich nach 6 km von 52 m auf 30 m Wasserspiegelbreite bei 8 m Tiefe verengt, mit Beton ausgekleidet. Die durchschnittliche Wassergeschwindigkeit bei möglichst geringem Gefälleverlust beträgt 2 m/s. Der Untergrund beim Einlaufbauwerk in Jettenbach und beim Kraftwerk an der Innterrasse in Töging besteht aus alluvialen (nacheiszeitlichen) Kies- und Sandschichten wechselnder Dichte und darunter gelegenem tertiären Flinz, der sehr hart und wasserundurchlässig ist.

Bei der Inbetriebnahme zählte das Kraftwerk zu den größten Wasserkraftanlagen Mitteleuropas und stellte eine Pionierleistung des Kraftwerkbaus dar. Die im Kraftwerk aufgestellten 15 Francis-Stirnkesselturbinen mit waagerechter Welle trieben ursprünglich acht Drehstromgeneratoren und sieben Gleichstromgeneratoren an. Die Drehstromgeneratoren wurden von der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) geliefert, die Gleichstromgeneratoren kamen von der  Siemens-Schuckertwerke GmbH. Während die von den Gleichstromeinheiten erzeugte Energie direkt über Stromschienen in das Ofenhaus I der Aluminiumhütte gelangte, wurde die von den Drehstromeinheiten erzeugte Energie über eine Kabelbrücke zum 6-kV-Schalthaus und von da zu den Gleichrichtern bei den Ofenhäusern II und III geleitet.

Zum Jahresbeginn 1925 übernahm die Vereinigte Aluminium-Werke AG (VAW) die Aluminiumhütte, so dass die Innwerk, Bayerische Aluminium AG zu einem reinen Stromerzeuger wurde. Ihr Name wurde 1938 in Innwerk AG geändert. Mit der Einstellung der Aluminiumproduktion im Jahr 1996 wurden sechs der sieben Gleichstromgeneratoren auf Drehstrom umgerüstet, ein Gleichstommaschinensatz wurde stillgesetzt, so dass derzeit nur noch 14 Fallrohre mit Wasser beaufschlagt werden.

Infolge des Verkaufs der Beteiligung des Freistaats Bayern an der Bayernwerk AG und der Fusion von  PreussenElektra und Bayernwerk gelangte das Kraftwerk in den Besitz der E.ON AG und wurde von der  E.ON Wasserkraft GmbH betrieben. Auf Druck der EU-Kommission verkaufte E.ON 2009 insgesamt 13 Wasserkraftwerke, darunter das Kraftwerk Töging an die österreichische Verbund AG. Die in Töging erzeugte elektrische Energie wird seither in das regionale 110-kV-Netz eingespeist. Derzeit sind Umbauten an dem Kraftwerk geplant, wobei die denkmalgeschützte Anlage aber erhalten bleiben soll.
 
Informationsstand: 10.02.2018
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Laufwasserkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Innwerk, Bayerische Aluminium AG; Töging; Aluminiumhütte; Kanalkraftwerk; Francis-Turbine; Wasserschloss; Druckrohr; Krafthaus; Wehranlage; Einlaufbauwerk; Jettenbach; Oberwasserkanal; Unterwasserkanal; Rohrbahn; Absetzbecken; Drehstromgenerator; Gleichstromgenerator; Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft; AEG; Siemens-Schuckertwerke GmbH; SSW; Vereinigte Aluminium-Werke AG; VAW; Innwerk AG; Aluminiumproduktion; Bayernwerk AG; Preußenelektra; E.ON AG; E.ON Wasserkraft GmbH; Verbund AG

Quelle(n)

  • Berhard Thiem (VDE-Südbayern)
  • Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 1. Alte Länder, Stuttgart 1992
  • Philipp Grünler, Die Wasserkraftanlage der Innwerk, Bayerische Aluminium-Aktiengesellschaft in Töging am Inn, Oberbayern; in: Siemens-Zeitschrift 6(1926), Heft 1, S. 10-19, Heft 2, S. 73-78
  • W. Hübsch, Die Wasserkraftanlage der Innwerk, Bayerische Aluminium-Aktiengesellschaft; in: Elektrotechnische Zeitschrift 47(1926), Heft 31, S. 897-901, Heft 32, S. 936-940, Heft 33, S. 964-966

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