Das Kraftwerk Wyhlen gehört zu den am besten erhaltenen frühen Groß-Kraftwerksanlagen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Besonders eindrucksvoll ist das nahezu vollständig erhaltene Maschinenhaus mit der weitgehend originalen maschinellen Ausstattung, das eine Vorstellung eines Kraftwerks dieser Zeitepoche eindringlich vermittelt.
Beschreibung
erbaut: 1907-12
Bauherr: Kraftübertragungswerke Rheinfelden AG
Betreiber: Energiedienst AG
Im Auftrag der Kraftübertragungswerke Rheinfelden AG wurde in den Jahren zwischen 1907 und 1912 die - nach dem Kraftwerk Rheinfelden (1894/98) - zweite Kraftwerksanlage am Hochrhein errichtet. Die Anlage wurde als deutsch-schweizerisches Gemeinschaftsprojekt mit gemeinsamer Wehranlage verwirklicht. Während auf der badischen Seite das Kraftwerk Wyhlen entstand, wurde auf Schweizer Seite das Kraftwerk Augst erbaut.
Das 212,80 m lange Wehr besitzt 10 Öffnungen von jeweils 17,50 m lichter Weite. Jede Öffnung kann durch einen 9 m hohen eisernen Schützen verschlossen werden. Diese werden durch Winden bewegt, die auf einer eisernen Brückenkonstruktion über den Pfeilerköpfen ruhen. Der Aussteifung des Wehres dient eine Wehrbrücke aus Beton auf der Unterwasserseite. Wehrpfeiler und Auflager sind mit Schwarzwälder Granit verkleidet (Fotos 7 und 8).
Das Wehr verbindet die unteren Enden der beiden, parallel zum Rhein angeordneten Krafthäuser. Das langgestreckte Maschinenhaus des Kraftwerks Wyhlen ist als Putzbau gestaltet und wird auf der oberen Seite durch einen turmartigen Eckbau abgeschlossen (Fotos 1 und 2). Entsprechend der Anzahl der - inzwischen modernisierten - zehn Maschinensätze ist die Fassade durch Lisenen in zehn Felder gegliedert, die auf der Unterwasserseite jeweils mit einem Rundbogenfenster und darüber liegenden dreifachen Rechteckfenstern gestaltet sind (Foto 3). Die zum Oberwasser ausgerichtete Fassade zeigt nur die Rechteckfenster (Foto 4). Im Innenraum - von 130 m Länge, 12 m Breite und 16 m Höhe - sind die zehn längsseitig parallel stehenden Generatoren aufgestellt. Bei den 10 bauzeitlichen Maschinensätzen handelt es sich um horizontal gelagerte Francis-Doppelzwillingsturbinen von J. M. Voith mit Drehstromgeneratoren der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) von jeweils 2,2 MW maximaler Leistung. Zu der Maschinenkonfiguration gehören weiterhin zwei Erregerturbinen von je 440 kW Leistung, die mit zwei Gleichstromgeneratoren von je 400 kW Leistung gekuppelt sind.
An den mittleren, zentralen Risalit der Nordfassade ist die rund 76 m lange, als Betonkonstruktion ausgeführte Kabelbrücke angesetzt, die zu dem parallel zum Kraftwerksgebäude angeordneten Schalthaus führt. Die Brücke ist durch einen frei im Unterwasserbecken stehenden Pfeiler unterstützt. Die formale Gestaltung der Kabelbrücke wurde in Anlehnung an die für den Oberrhein typischen hölzernen Archenbrücken gewählt (Foto 5).
Am Zugang zum Kraftwerk befindet sich ein Pförtnerhaus, links neben dem Schalthaus gelegen (Foto 9). Auf dem Kraftwerksgelände liegen außerdem noch zwei Werkstattgebäude, von denen eines aus der Bauzeit stammen dürfte (Foto 10). Der zweite Bau ist jüngeren Datums (Foto 11).
Das Kraftwerk Wyhlen ist nach dem Abriss des Kraftwerks in Rheinfelden das am besten erhaltene Laufwasser-Großkraftwerk aus der Wende zum 20.Jahrhundert.
Informationsstand: 02.11.2016
Schlagworte: Elektrizitätserzeugung; Laufwasserkraftwerke; Stromerzeugung; Energie; Energy
Stichworte: Kraftübertragungswerke Rheinfelden AG; Hochrhein; Kraftwerk Augst; Wehranlage; Putzbau; Betonkonstruktion; Kabelbrücke; Pförtnerhaus; Werkstattgebäude; Energiedienst AG; Francis-Doppelzwillingsturbine; Drehstromgenerator; J. M. Voith; Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft; AEG; Erregerturbine; Gleichstromgenerator
Quelle(n)
- Volker Rödel, Reclams Führer zu den Denkmalen der Industrie und Technik in Deutschland. Bd. 1. Alte Länder, Stuttgart 1992
- Rainer Slotta, Technische Denkmäler in der Bundesrepublik Deutschland. Bd. 2. Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Entsorgung, Bochum 1977
- Kraftwerk Laufenburg (Hrsg.), Die Grenzkraftwerke am Hochrhein, Laufenburg [Schweiz] 1986