Auf der Erde treten eine Vielzahl von Gewittern gleichzeitig auf mit einer Blitztätigkeit von ca. 100 pro sec.. Der Blitzkanal stellt eine riesige Sendeantenne dar, über die der Impulsstrom der Blitz-Hauptentladungen ein breitbandiges Frequenzspektrum elektrischer Wellen abstrahlt, die Sferics. Signalanteile lassen sich bis hin zu einigen 100 MHz und hinab bis in den tiefen ELF-Bereich nachweisen. Für die Ausbreitung über größere Entfernungen ist aber maßgeblich der VLF-Frequenzbereich um 10 kHz beteiligt. Für Blitzortungssysteme, die diese elektromagnetischen Signale registrieren und eine Quellortbestimmung vornehmen sowie für Empfangssysteme die durch Sfericsregistrierung Rückschlüsse auf das Wettergeschen zulassen sind natürlich nur Sferics aus einem beschränktem Umkreis von Interesse. Zur besseren Unterscheidung werden die am Empfangsort registrierbaren Sferics in die Gruppen geophysikalische- und Wettersferics eingeteilt.
Geophysikalische Sferics
Durch Brechung an den unteren Ionosphärenschichtungen sowie dem Erdboden erfolgt eine verlustarme hohlleiterähnliche Ausbreitung der natürlichen Radiosignale. Dabei kann es zu Einfach- und Mehrfachreflexionen kommen, wobei die Sferics-Signalform eine entsprechende Prägung erfährt. Die mit einem geeigneten Empfänger aufgenommenen Signale äußern sich schallgewandelt durch ein ununterbrochenes Knistern und Krachen. Oft gesellen sich merkwürdige Zirp- und Pfeiflaute dazu. Bei den extrem langen zurückgelegten Wegstrecken kommt es zu deutlichen Dispersionserscheinungen. Darunter versteht man eine frequenzmäßige Auffächerung des Signals durch unterschiedliche Signallaufzeiten. Tiefe Frequenzen benötigen mehr Zeit um die gleiche Strecke zu bewältigen. Dabei prägen die minimalen Laufzeitunterschiede dem Signalspektrum markante Formen ein. Ein typisches Beispiel ist das sogenannte Tweeks-Signal, welches sich durch einen "Haken" im 1 bis 2 kHz-Bereich des Spektrogramms auszeichnet. Akkustisch äußert sich dieses durch ein kurzes "Zirp".
Die elektromagnetische Aussendung eines Blitzes kann sich aber auch in besonderen Fällen entlang den geomagnetischen Feldlinien außerhalb der Ionosphäre, entlang sogenannter Ducts, ausbreiten. Diese Ducts verbinden die nördliche und südliche Hemisphäre auf elipsenförmigen, bis zu mehreren Erdradien in den Weltraum hineinreichenden Magnetfeld-Bahnen. Durch die dabei auftretende Verringerung der Ausbreitungsgeschwindigkeiten in Kombination mit den extrem langen zurückgelegten Strecken kommt es zu sehr ausgeprägten Dispersionserscheinungen, die sich akkustisch wahrgenommen, durch Pfeifen äußern.
Diese sogenannten Whistler treten in unterschiedlichen Erscheinungsformen teilweise auch mit großer Echoanzahl auf. Darunter versteht man ein mehrmaliges Hin- und Herlaufen zwischen dem Quellort, z. B. auf der Nordhalbkugel und dem Brechungsort (Konjugationspunkt) auf der Südhalbkugel. Die Formen der Signalspektren ermöglichen dabei eine Zuordnung, ob das Signal beispielsweise einem Blitz der Südhalbkugel entstammt und nach einmaligen Durchlauf auf der Nordhalbkugel registriert wird (one-hop-whistler) oder ob das Signal einem Blitz aus dem weiteren Umkreis des Empfangsortes stammt und nach Hinlauf zum Konjugationspunkt von diesem wieder zum Empfangsort zurückgeleitet wird (two-hop-whistler). Theoretisch ist es also möglich, einen Blitz zu sehen und danach das von diesem Blitz ausgesendete elektromagnetische Signal nach dessen Rückkehr vom Konjugationspunkt auf der Südhalbkugel als Whistler wahrzunehmen. Das kann sowohl durch Aufzeichnung als auch durch Schallwandlung akkustisch geschehen.
Anmerkung: Auch durch Korpuskularstrahlung, ausgelöst durch Sonnenerruptionen, kann es zu einer Initialisierung von Whistlersignalen kommen.
Wettersferics
Sfericssignale die einen Rückschluss auf das Wettergeschehen in naher und weiterer Umgebung zulassen, können als Wettersferics bezeichnet werden. Darunter sind nicht nur solche Signale zu verstehen, die den Hauptentladungen der Blitze entstammen, sondern auch solche, die beispielsweise im Vorfeld eines Blitzes innerhalb der Wolken entstehen. Auch die elektromagnetischen Aussendungen der sogenannten Ruckstufen und Vorentladungen zählen zu dieser Gruppe. Neben extremen Pegelunterschieden weisen die genannten Wettersferics auch eine breitere relevante Frequenzbelegung auf. Letztere Tatsache bietet eine zusätzliche Möglichkeit zur Zuordnung. Rückschlüsse zum Wettergeschehen lassen sich aus der Sfericsform und -frequenz , der Amplitudenhöhe und der Folgefrequenz schließen. Die Impulsform gestattet auch in vielen Fällen eine Selektierung der Blitztypen, feststellbar ist auch die Zahl der Folgeblitze.
Sfericsempfangsanlage
Mit einer geeigneten Empfangsanlage lassen sich die beiden Gruppen der Sfericssignale empfangen, registrieren und aufzeichnen. Die Empfangsanlage SEA 3 des Verfassers ist so konzipiert, dass sich sowohl extrem schwache geophysikalische Sfericssignale als auch die äusserst starken Blitzsignale aufzeichnen und registrieren lassen. Dazu stehen eine Anzahl magnetischer und elektrischer Empfangsantennen zur Verfügung. Neben einer mehrkanaligen, richtungsunabhängigen Dauerregistrierung der Wettersferics mit Datenloggern lassen sich sporadische Signal-Aufzeichnungen durchführen. Auch eine schmal- oder breitbandige amplitudenselektionsorientierte Logger-Registrierung ist durchführbar. Dazu können die unterschiedlichen Antennen mit den zugehörigen Antennenanpassverstärkern verschiedenen Verstärkerkanälen mit einer entsprechenden Signalpegelanpassung zugeordnet werden. Für die reale Signalaufzeichnung kann z. B. das Programm Audition von Adobe verwendet werden. Damit ist beispielsweise die Aufzeichnung eines vorbeiziehenden Gewitters möglich. Als Ergebnis bietet sich einmal eine Gesamtschau bei der sich mit einem Blick die Änderungen von Folgefrequenz und Amplitudenhöhe wahrnehmen lassen - die bildschirmfüllende Gesamtschau lässt sich aber auch soweit auflösen, dass man jeden Blitzimpuls detailliert betrachten kann.
Der Empfang der unterschiedlichen Sfericssignalen ist aber auch in "abgespeckter" Form mit einfacheren Mitteln möglich, wie es im Buch Sfericsempfang Band 1 aufgezeigt wird.
(04.10.2005)