Blitze zuckten im Minuten-Takt am Himmel, fast 20 Liter Regen pro Quadratmeter prasselten teilweise in einer Stunde nieder, und das laute Donnergrollen holte so manchen unsanft aus dem Schlaf: Ein Unwetter hat gestern Morgen über Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gewütet. Gegen 8 Uhr brach der Sturm los, der einen Schaden in Millionenhöhe anrichtete. Wie Feuerwehrsprecher Gerd Bramfeld aber den HAN mitteilte, blieb der Süden Hamburgs weitgehend verschont. Insgesamt hielten rund 260 wetterbedingte Einsätze die zirka 450 Retter in der Hansestadt auf Trab. Im Landkreis Harburg habe es hingegen nach Angaben der Einsatzleitzentrale lediglich zehn Einsätze gegeben. In den meisten Fällen forderten umgestürzte Bäume, überflutete Straßen und voll gelaufene Keller die Kräfte.
In Neugraben schlug der Blitz in einen Dachstuhl eines Einfamilienhauses ein und entfachte ein Feuer, das sich auf rund zehn Quadratmeter ausbreitete. Jürgen H. (73) zog sich bei den Löscharbeiten mit einem Gartenschlauch eine Rauchgasvergiftung zu. Seine gleichaltrige Frau Eva H. erlitt wegen der Aufregung Herzrhythmusstörungen. Das Ehepaar wurde ins AK Harburg gebracht.
Außer Dächern in Hamburg und Umland ging auch eine Windkraftanlage nahe Wulfshagen (Kreis Rendsburg-Eckernförde) in Flammen auf. Es entstand Totalschaden in Höhe von zwei Millionen Euro. In dem Chemiebetrieb Dow Chemical in Stade entzündete sich vermutlich ebenfalls durch einen Blitzschlag ein Wasserstoffgemisch, das aus einem Schornstein abgeblasen wurde. Die Flammen waren von weiten zu erkennen, ein Schaden entstand allerdings nicht.
In Stade erreichten die Sturmböen eine Geschwindigkeit von bis zu 70 Stundenkilometern. Mehrere Bäume knickten wie Zahnstocher um. Einer blockierte für eine halbe Stunde die Bahnstrecke StadeCuxhaven. Auch der Schienenverkehr zwischen Hamburg und Kiel sowie Westerland kam zum Erliegen: Ein Blitzeinschlag hatte eine Störung in einem Stellwerk in Pinneberg verursacht. Auch zwei Reetdachhäuser in Nordfriesland wurden Opfer eines Blitzes. Eines der beiden Häuser, das unbewohnt war, brannte bis auf die Grundmauern ab. Ebenso konnte die Feuerwehr bei einem Brand einer Scheune in Lehmrade (Kreis Herzogtum Lauenburg) nicht mehr viel ausrichten. In allen drei Fällen entstand ein Sachschaden von rund 200 000 Euro. In Hemmor (Kreis Cuxhaven) riss eine Gewitterböe das Dach einer Scheune ab. Einzelne Teile flogen bis zu 20 Meter weit, wirbelten in ein benachbartes Wohnhaus und verletzten eine Frau (43) leicht an den Beinen. Der übrige Landkreis Cuxhaven sowie Bremen und Bremerhaven kamen mit einem blauen Auge davon. Schwer verletzt wurde bei einem Verkehrsunfall in Bad Bramstedt (Kreis Segeberg) ein Siebenjähriger. Ein Lkw-Fahrer hatte den Jungen mit seinem Fahrrad wegen der schlechten Sicht übersehen.
Auch beim Recyclinghof Georgswerder hinterließ das Gewitter seine Spuren: Ein Blitzeinschlag beschädigte die elektrischen Anlagen und verursachte einen Stromausfall. Deshalb blieb die ehemalige Deponie gestern geschlossen. (...)