Zerebrovaskuläre Erkrankungen können als Blutung, aber auch als Mangeldurchblutung des Gehirnes auftreten. Am bekanntesten ist hier der akute Schlaganfall. Unter der im klinischen Sprachgebrauch meist als atherosklerotische Veränderung der arteriellen Hirngefäße verstandenen verminderten Durchblutung der abhängigen Hirnareale, machen in zahlreichen Fällen Revaskularisationsoperationen notwendig. Dieser chirurgische Eingriff hat das Ziel, die Gefäßfunktion, insbesondere den Blutfluss, wiederherzustellen. In ungefähr einem von zehn Eingriffen treten jedoch postoperative Komplikationen auf, teilweise bedingt durch eine unzureichende Durchflusssteigerung. Daher hat die intraoperative Überprüfung des OP-Erfolges hohes Potential, das gewünschte OP-Ergebnis zu erzielen durch intraoperative Beurteilung des Blutflusses und der Möglichkeit des sofortiger Intervention.
Derzeitige Stand der Technik birgt hohes Risiko
Der derzeitige Stand der Technik in der intraoperativen und quantitativen Blutflussmessung ist die Nutzung der Ultraschall-Transitzeit-Durchflusssonde. Diese gibt zwar einen quantitativen Flusswert an, muss jedoch das Gefäß umschließen. Dies ist einerseits umständlich für den Chirurgen und andererseits birgt es das Risiko von Kontaminationen, Gefäßquetschungen und der Gefäßruptur. Dieses Risiko minimiert Dr. Ady Naber mit einer in seiner Dissertation vorgestellten alternativen Methode, in der er Indocyaningrün, kurz ICG, verwendete. ICG ist im Rahmen einer Fluoreszenzangiographie (FA) eine kamerabasierte und somit kontaktlose Methode, die die oben genannten Risiken der Blutflussmessung reduziert.
Nach ex vivo Testung der auf dem systemic mean transit time theorem basierenden Apparatur konnte in vivo in retrospektiver Analyse an Patient:innen mit extrakranieller-zu-intrakranieller (EC-IC) Bypass Operation eine hohe Übereinstimmung mit der klinischen Referenzmethode gezeigt werden. Zusätzlich ermöglicht die vorgestellte Methodik die simultane Messung mehrerer Flusswerte im Sichtfeld. Die Studie ist damit als proof of concept für eine deutlich weniger invasive Messmethodik anzusehen, die patientenrelevante aber bislang verfahrensimmanente Risiken deutlich reduzieren kann.
Platz 2 geht an Hannes Köhler aus Leipzig
Den mit 1.000 Euro dotierten zweiten Preis für Patientensicherheit in der Medizintechnik erhält Hannes Köhler vom Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS) der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig für seinen Beitrag „Laparoskopisches System für hochaufgelöstes Farbvideo und gleichzeitige Hyperspektralbildgebung im sichtbaren und nahinfraroten Bereich“. Die hyperspektrale Bildgebung, kurz HSI, kann die intraoperative Durchblutungsbeurteilung, die Identifizierung von Gewebestrukturen und die Erkennung von Krebsläsionen unterstützen. Der praktische Einsatz von HSI in der minimal-invasiven Chirurgie ist derzeit durch technische Limitationen begrenzt. Hannes Köhler beschreibt und evaluiert in seinem Beitrag ein neuartiges HSI-Laparoskop, das die Anforderungen für den klinischen Einsatz und die hochauflösende spektrale Bildgebung erfüllt. Das handgehaltene Design ermöglicht die Echtzeitverarbeitung und Visualisierung von HSI-Daten während der Erfassung innerhalb von 4,6 Sekunden. Somit ist durch das System eine kompakte und schnelle HSI-Bildgebung mit hoher räumlicher und spektraler Auflösung in der klinischen Praxis umsetzbar. Das laparoskopische System kann zukünftige Studien zur minimal-invasiven HSI unterstützen, um intra- und postoperative Komplikationen zu reduzieren.
Platz 3 geht an Sergey Drobinski aus Aachen
Den mit 500 Euro dotierten dritten Preis erhält Sergey Drobinski vom Lehrstuhl für Medizintechnik des Helmholtz-Instituts für Biomedizinische Technik der RWTH Aachen für seine Arbeit „Usability of Haptic Volumetric Assistance for Surgical Navigation Tasks“, die sich der Optimierung der Präzision chirurgischer Eingriffe widmet. Die Qualität und Sicherheit vieler chirurgischer Eingriffe hängt vom Umsetzungsgrad geplanter Interventionen auf Basis erfolgter Voruntersuchungen und OP-Planungen ab, insbesondere um durch den Einsatz von OP-Instrumenten sensible Areale rund um das OP-Gebiet zu schonen. In der prämierten Studie wurden die Auswirkungen der haptischen Führung auf volumetrische Navigationsaufgaben, wie etwa das Fräsen geplanter Volumina für Prothesenpassungen oder die Schonung empfindlichen Gewebes, untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass haptische Unterstützung die Anzahl der Constraint-Verletzungen unter bestimmten Voraussetzungen reduzieren kann und benennt Risiken des Einsatzes dieser Technik, die wiederum Präventionsmaßnahmen zur Risikominimierung ableiten kann. Diese Untersuchung ergänzt damit frühere Veröffentlichungen als Grundlage für eine flexible regelbasierte Auswahl oder Anpassung von modularen haptischen Assistenzsystemen für eine verbesserte Benutzerfreundlichkeit und Patientensicherheit der kooperativen telemanipulierten chirurgischen Robotik.