PV-Anlage
01.01.2021 Fachinformation

Blitzschutz von Photovoltaik-Anlagen

Welche Auswirkungen haben Blitzeinschläge auf Photovoltaik-Anlagen? Wie werden Photovoltaik-Anlagen vor Blitz und Überspannung geschützt?

VDE Information Blitzschutz


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Bei der Installation eines Photovoltaik-Stromversorgungssystems (Photovoltaik-Anlage) oder spätestens nach einem Blitzschaden stellt sich die Frage, ob der Blitzschutz für die Photovoltaik-Anlage notwendig ist. Bei der Beantwortung sind die baulichen Gegebenheiten der Photovoltaik-Anlage und des Gebäudes, auf dem diese installiert wird, zu berücksichtigen. Eine Beschreibung der Schutzmaßnahmen sowie eine Entscheidungshilfe enthält die Blitzschutz-Norm DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) [2] im Beiblatt 5 „Blitz- und Überspannungsschutz für PV-Stromversorgungssysteme“ [1]. Die folgende Information fasst die Hauptaussagen des Beiblatts zusammen.

Vorangestellt ist eine oft gestellte Frage: Zieht eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach den Blitz erst recht an?

Eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach eines Gebäudes erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Blitzeinschlags nicht! Durch die Photovoltaik-Anlage wird die Höhe des Gebäudes nicht oder nur unwesentlich verändert; ein Blitzeinschlag wird deshalb nicht wahrscheinlicher.

Wenn es zu einem Blitzeinschlag kommt, werden bei einem Gebäude mit Flachdach eher die Photovoltaik-Module getroffen, da Blitze bekanntermaßen in metallene Dachaufbauten einschlagen, die die aus der Dachfläche herausragen.

Wie werden Photovoltaik-Anlagen durch Blitz und Überspannung gefährdet?

Photovoltaik-Anlagen sind sowohl durch direkte als auch durch nahe Blitzeinschläge gefährdet, denn dabei entstehen hohe Spannungen und Ströme, die auf das PV-Stromversorgungssystem einwirken können.

  • Direkteinschläge: Werden Photovoltaik-Anlagen direkt von Blitzen getroffen, fließen sehr hohe Blitzströme über die Photovoltaik-Anlagen, die dabei häufig zerstört werden; auch mechanische Zerstörungen und Brände sind nicht auszuschließen.
  • Indirekte Einschläge: Bei nahen Blitzeinschlägen fließen Blitzteilströme über die elektrischen Installationen und Versorgungsleitungen, die in Photovoltaik-Anlagen große Schäden hervorrufen können.
  • Bei Blitzeinschlägen in einer Entfernungen bis 500 m erzeugen die hohen magnetischen Felder des Blitzes in elektrischen Installationsschleifen Überspannungen, die Schäden an Photovoltaik-Anlagen verursachen können.
  • Bei Blitzeinschlägen in größerer Entfernung können allenfalls kapazitive Einwirkungen auftreten, die in der Regel keine Schäden hervorrufen.

Wie werden Photovoltaik-Anlagen vor Blitz und Überspannung geschützt?

Entscheidungshilfe zur Auswahl von Schutzmaßnahmen

Ein direkter Blitzeinschlag in Photovoltaik-Module sollte möglichst vermieden werden, da er die Zerstörung des Moduls oder der Photovoltaik-Anlage sowie Schäden am und im Gebäude nach sich ziehen kann. Photovoltaik-Module sollten also vorzugsweise dort montiert werden, wo keine direkten Blitzeinschläge in die Module möglich sind, z.B. im Schutzbereich eines Äußeren Blitzschutzes. 

Verfügt das Gebäude, auf dem die Photovoltaik-Anlage installiert wird, bereits über ein Blitzschutzsystem, darf dieser Schutz nicht durch die Photovoltaik-Anlage verschlechtert werden. Die Photovoltaik-Anlage muss sich also in das Blitzschutzsystem "einpassen". Dies gilt insbesondere für Gebäude der öffentlichen Hand, für die häufig auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Vorgaben ein Blitzschutzsystem gefordert ist.

Wenn ein Gebäude über keinen Äußeren Blitzschutz verfügt (und dieser auch nicht durch gesetzliche oder behördliche Vorgaben gefordert ist), entscheidet der Eigentümer der Photovoltaik-Anlage über die umzusetzenden Schutzmaßnahmen: 

  • Einen umfassenden Schutz bietet ein getrenntes Blitzschutzsystem für die Photovoltaik-Anlage (siehe 1.).
  • Bei räumlichen Einschränkungen kann ein Blitzschutzsystem, das mit der Photovoltaik-Anlage im Dachbereich verbunden wird, zumindest einen Schutz der Module vor direkten Blitzeinschlägen bieten (siehe 2. und 3.)
  • Wird auf ein Blitzschutzsystem verzichtet, sollten zumindest die in 4. beschriebenen Maßnahmen umgesetzt werden, um Schäden an der Photovoltaik-Anlage zu begrenzen.

Das Risiko von Blitzschäden kann mit der Blitzschutz-Norm DIN EN 62305-2 (VDE 0185-305-2) Blitzschutz-Risikomanagement [3] abgeschätzt werden.

Die Planung und Umsetzung von Blitzschutzmaßnahmen (1. bis 3.) erfolgt durch Blitzschutz-Fachkräfte. Sie sind auch für Arbeiten an spannungsführenden Teilen der Anlage qualifiziert. Es wird dringend empfohlen, die Planung der Photovoltaik-Anlage und des dazugehörigen Blitzschutzsystems gleichzeitig durchzuführen.

Normgerechte Blitzschutzsysteme verringern die Gefährdungen von Photovoltaik-Anlagen durch Blitz und Überspannung erheblich. Sie schützen bei direkten Blitzeinschlägen (Äußerer Blitzschutz) und Überspannungen (Innerer Blitzschutz).

Das Bild zeigt die Schutzmaßnahmen in Abhängigkeit von verschiedenen Parametern.

1. Photovoltaik-Anlage mit getrenntem Blitzschutzsystem

Photovoltaik-Anlage mit getrenntem Blitzschutzsystem

Folgende Maßnahmen werden empfohlen (Bild):

  1. Photovoltaik-Module, Montagegestell, Verkabelung: Fangeinrichtungen werden so installiert, dass diese Anlagenteile im Schutzbereich liegen und ein direkter Blitzeinschlag in die Anlagenteile verhindert wird. Die Leitungen des Blitzschutzsystems müssen von allen Teilen der Photovoltaik-Anlage in einem Abstand verlegt werden, der einen Überschlag verhindert (Trennungsabstand). Dieser beträgt im Dachbereich etwa 0,5 bis 1 m; eine genaue Berechnung beschreibt [2].
  2. Montagegestell: Das metallene Montagegestell wird mit der Haupterdungsschiene verbunden. Bei räumlich ausgedehnten Anlagen kann die Verbindung auch an einer Potentialausgleichsschiene enden.
    Wichtig: Eine direkte Verbindung des Montagegestells mit Leitungen des Blitzschutzsystems ist unbedingt zu vermeiden.
  3. Gleichspannungskabel: Wenn das Gleichspannungskabel länger als 10 m ist, sollte ein SPD Typ 2 an der Verbindung mit den Photovoltaik-Modulen installiert werden.
  4. Wechselrichter: Installation von Überspannungsschutzgeräten (SPD = Surge Protective Devices) Typ 2 vor und nach dem Wechselrichter. Hinweis: Diese SPD sind in manchen Wechselrichtern bereits integriert.
  5. Elektroinstallation des Gebäudes: Zum Schutz der elektrischen Geräte im Gebäude sollten in der Energienetz-Einspeisung SPD Typ 1 installiert werden.

2. Photovoltaik-Anlage mit Blitzschutzsystem (mit Schirmung)

Photovoltaik-Anlage mit Blitzschutzsystem - Variante mit Kabelschirmung (Situation C / Bild 10 in [1])

Wenn räumliche Einschränkungen verhindern, dass zwischen den Leitungen des Blitzschutzsystems und der Photovoltaik-Anlage ein ausreichender Abstand (Trennungsabstand) besteht, werden diese normalerweise getrennten Anlagen miteinander verbunden. Dies führt zu Blitzteilströmen in der Photovoltaik-Anlage.

Um möglichst geringe Auswirkungen auf die Photovoltaik-Anlage zu erhalten, sollten die Gleichspannungskabel geschirmt ausgeführt und außen an der baulichen Anlage bis auf Erdniveau geführt werden. Für Anschlusskästen und Verteiler sollten Metallgehäuse eingesetzt werden. Dann werden die Blitzteilströme über Modulrahmen, Montagegestell, Leitungsschirme und Anschlusskästen in die Erdungsanlage geführt. Dieses Konzept wird bereits seit vielen Jahren in der Schweiz flächendeckend und erfolgreich eingesetzt [5]

Folgende Maßnahmen werden empfohlen (Bild):

  1. Photovoltaik-Module, Montagegestell, Verkabelung: Fangeinrichtungen werden so installiert, dass diese Anlagenteile im Schutzbereich liegen und ein direkter Blitzeinschlag in die Anlagenteile verhindert wird. Die Fangeinrichtungen werden mehrfach mit den Modulen bzw. dem Montagegestell verbunden. Diese Verbindungen müssen für Blitzteilströme ausgelegt sein.
  2. Modulrahmen, Montagegestell: Die metallenen Teile müssen hinsichtlich Material und Verbindungstechnik für die Weiterleitung von Blitzteilströme geeignet sein. 
  3. Gleichspannungskabel: Die Querschnitte der Kabelschirme müssen für die Weiterleitung von Blitzteilströmen geeignet sein. Die Kabelschirme werden am Hochpunkt mit der Fangeinrichtung und am Fußpunkt unmittelbar vor Eintritt in das Gebäude mit der Erdungsanlage verbunden. Wegen der induktiven Einkopplungen in den Photovoltaik-Modulen und den Längsspannungen an den Gleichspannungskabeln ist nach [4] zu prüfen, ob an beiden Kabelenden SPD Typ 2 installiert werden sollten. 
  4. Wechselrichter: Wenn das Gleichspannungskabel länger als 10 m ist, sollte auf der AC-Seite des Wechselrichters ein SPD Typ 2 installiert werden. Hinweis: Das SPD ist in manchen Wechselrichtern bereits integriert.
  5. Elektroinstallation des Gebäudes: Zum Schutz der elektrischen Geräte im Gebäude sollten in der Energienetz-Einspeisung SPD Typ 1 installiert werden. 

3. Photovoltaik-Anlage mit Blitzschutzsystem (ohne Schirmung)

Photovoltaik-Anlage mit Blitzschutzsystem (Situation C / Bild 9 in [1])

Ohne Schirmung werden folgende Maßnahmen empfohlen (Bild):

  1. Photovoltaik-Module, Montagegestell, Verkabelung: Fangeinrichtungen werden so installiert, dass diese Anlagenteile im Schutzbereich liegen und ein direkter Blitzeinschlag in die Anlagenteile verhindert wird. Die Fangeinrichtungen werden mehrfach mit den Modulen bzw. dem Montagegestell verbunden. Diese Verbindungen müssen für Blitzteilströme ausgelegt sein.
  2. Modulrahmen, Montagegestell: Die metallenen Teile müssen hinsichtlich Material und Verbindungstechnik für die Weiterleitung von Blitzteilströme geeignet sein. 
  3. Wechselrichter: Installation von Überspannungsschutzgeräten (SPD = Surge Protective Devices) Typ 1 vor und nach dem Wechselrichter.
  4. Elektroinstallation des Gebäudes: Zum Schutz der elektrischen Geräte im Gebäude sollten in der Energienetz-Einspeisung SPD Typ 1 installiert werden. 

4. Photovoltaik-Anlage ohne Blitzschutzsystem

Maßnahmen bei Photovoltaik-Anlage ohne Blitzschutzsystem

Folgende Maßnahmen werden empfohlen (Bild):

  1. Montagegestell: Das metallene Montagegestell sollte mit der Haupterdungsschiene verbunden werden. Dazu wird eine Potentialausgleichsleitung zusammen mit der Photovoltaik-Verkabelung verlegt und an der Haupterdungsschiene angeschlossen. Bei räumlich ausgedehnten Anlagen kann die Potentialausgleichsleitung auch an einer Potentialausgleichsschiene enden.
  2. Gleichspannungskabel: Wenn das Gleichspannungskabel länger als 10 m ist, sollte ein Überspannungsschutzgeräte (SPD = Surge Protective Devices) Typ 2 an der Verbindung mit den Photovoltaik-Modulen installiert werden.
  3. Wechselrichter: Wenn das AC-Kabel zwischen Wechselrichter und Hauptverteilung kleiner als 10 m ist, sollte ein SPD Typ 2 auf der DC-Seite des Wechselrichters installiert werden. Bei längeren AC-Kabeln sind SPD Typ2 auf beiden Seiten des Wechselrichters vorzusehen. Hinweis: Diese SPD sind in manchen Wechselrichtern bereits integriert.
  4. Elektroinstallation des Gebäudes: Zum Schutz der elektrischen Geräte im Gebäude sollten SPD Typ 2 in der Energienetz-Einspeisung installiert werden.

Technischer Leitfaden VdS 3145

Technischer Leitfaden Photovoltaikanlagen VdS 3145

| VdS Schadenverhütung

VDE Renewables GmbH und Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) haben zusammen den "Technischen Leitfaden Photovoltaikanlagen" VdS 3145 erarbeitet. Er gibt Hinweise entsprechend den Erfahrungen der Versicherer zur Auswahl, Planung, Errichtung und Betrieb von netzgekoppelten Photovoltaik-Anlagen. Ziel ist es, dadurch Betriebsunterbrechungen und Sachschäden zu vermeiden oder zumindest zu minimieren.

Dieser Leitfaden ist damit eine wichtige Ergänzung zu den Informationen der Norm [1] und dieser VDE-Information Blitzschutz.

Literatur

[1] DIN EN 62305-3 Beiblatt 5 (VDE 0185-305-3 Beiblatt 5) Blitzschutz – Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen; Beiblatt 5: Blitz- und Überspannungsschutz für PV-Stromversorgungssysteme

[2] DIN EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) Blitzschutz – Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen

[3] DIN EN 62305-2 (VDE 0185-305-2) Blitzschutz – Teil 2: Risikomanagement

[4] DIN EN 62305-4 (VDE 0185-305-4) Blitzschutz – Teil 4: Elektrische und elektronische Systeme in baulichen Anlagen

[5]Häberlin, H.: Photovoltaik – Strom aus Sonnenlicht für Verbundnetz und Inselanlagen. AZ-Verlag, Aarau (CH), 1. Auflage 2007.

[6] VDE Renewables, VdS Schadenverhütung: Technischer Leitfaden Photovoltaik, VdS 3145

Hinweis

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VDE

Diese VDE Information enthält allgemeine technische Empfehlungen zum Blitz- und Überspannungsschutz. Eine eigene Überprüfung der jeweils erforderlichen Handlungsweise durch den Nutzer bleibt daher immer unentbehrlich.

Der VDE hat diese VDE Information mit großer Sorgfalt verfasst. Dennoch kann der VDE weder eine explizite noch eine implizite Gewährleistung für die Korrektheit, Vollständigkeit oder Aktualität des Dokuments übernehmen. Die Anwendung dieses Dokuments geschieht in dem Bewusstsein, dass der VDE für Schäden oder Verluste jeglicher Art nicht haftbar gemacht werden kann.

Die Blitzschutznormen (u. a. DIN EN 62305) werden erarbeitet vom Komitee 251 Blitzschutzsysteme und Blitzschutzbauteile der DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik im DIN und VDE. Es wird empfohlen, die Fassungen mit dem neuesten Ausgabedatum anzuwenden.
Bezug: VDE VERLAG GMBH oder Beuth-Verlag GmbH

Diese VDE Information wurde unter der Lizenz CC BY 4.0 DE veröffentlicht.

Der Blitzschutz in der Praxis

Keyvisual-Bild VDE Ausschuss Blitzschutz und Blitzforschung
VDE

Unter dieser Bezeichnung gibt der VDE-Ausschuss Blitzschutz + Blitzforschung eine Merkblattsammlung für Blitzschutz-Fachkräfte heraus. Diese VDE Information ist Bestandteil von "Der Blitzschutz in der Praxis".

www.vde.com/blitzschutz-in-der-praxis


Die Norm zum Thema:

DIN EN 62305-3 Beiblatt 5 (VDE 0185-305-3 Beiblatt 5):2014-02

Blitzeinschlag über Feld
Bastian Haaf
01.02.2014 Norm

Blitzschutz - Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen und Personen; Beiblatt 5: Blitz- und Überspannungsschutz für PV-Stromversorgungssysteme

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